< zurück
< zurück
Made with MAGIX
Veranstaltungen 1987-2023
1987
20
Tagesfahrt nach Bad Lauchstädt, Goethe-Theater, Inszenierung
Die Zauberflöte
Prof. Dr. h.c. Karl-Heinz Hahn:
Thomas Mann und die Goethe-Gesellschaft
Prof. Dr. Norbert Miller:
Anmerkungen zur Münchener Ausgabe
1988
21
Prof. Dr. Hans Wolfgang von Löhneysen:
Die Goethe-Büste von David d´Angers
Beate Schubert:
Goethe am Vorabend der Französischen Revolution
Prof. Dr. Hans-Jürgen Schings:
Die Initiation »Wilhelms Meisters«
Hans Joachim Mey:
Der Briefwechsel Marianne von Willemer und Hermann Grimm
1989
24
Prof. Hans-Dieter Holzhausen:
Der Literaturkritiker und Goetheforscher Ludwig Geiger
Joachim Pukaß und Christian Rhode: Lesung
Goethes »Reinicke Fuchs«
Prof. Dr. Hans Wolfgang von Löhneysen: Seminar
Der Sammler und die Seinigen
Goethes 240. Geburtstag in Schuberts Garten – mit musikalischen Darbietungen
Prof. Dr. Paul Raabe:
Goethes verstreute Briefe
1990
25
Tagesexkursion nach Wörlitz,
Führung durch die Gartenanlagen
Goethes 241.Geburtstag in Schuberts Garten – mit musikalischen Darbietungen
Tagesfahrt nach Weimar,
Anna Amalia und ihr Musenhof,
Exkursion nach Bischofsgrün:
Auf den Spuren Goethes zum Ochsenkopf,
Prof. Dr. Hans-Jürgen Schings:
Zeitkritik in Goethes »Wahlverwandtschaften«
Szenische Lesung
Goethes »Wahlverwandtschaften«
1991
26
Frank-Volker Merkel-Bertholdi:
Leopardis »Consalvo« und Goethes »Werther«
Gesprächsabend über
Alfred Kirchners Inszenierung von Goethes »Faust I«
Theater: Peter Hacks:
Gespräch im Hause v. Stein ü. d. abwesenden Herrn von Goethe
Dr. Rudolf Elvers:
Die Mendelssohns und Goethe
Filmvorführung:
Carl August von Weimar – Goethes Freund
, Regie: Beate Schubert
Tagesfahrt nach Weimar
Goethes 242.Geburtstag in Schuberts Garten – mit musikalischer Umrahmung
Tagesfahrt nach Bad Lauchstädt, Besuch der Inszenierung von Goethes »
Urfaust«
Tagesfahrt nach Neu-Hardenberg, Führung durch Schloß und Parkanlagen
Prof. Dr. Kurt Biermann:
Alexander von Humboldt als Weggefährte Goethes
1992
30
Dr. Birgit Weissenborn:
Bettina von Arnim und Goethe,
Szenische Lesung »
Die Wahlverwandtschaften«
Ulrich von Heintz:
Führung durch das Schloß Tegel
Goethes 243. Geburtstag in Schuberts Garten – Musikalisch literarischer Abend
Dr. Frank Schweitzer ;
Goethes »Farbenlehre«
1993
32
Prof. Dr. Heide Eilert:
Goethe und die Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts
Prof. Dr. Martin Seiler:
Exkursion über die Pfaueninsel
Goethes 244.Geburtstag in Schuberts Garten – Musikalisch-literarischer Abend
Filmvorführung:
Charlotte von Stein,
Regie: Beate Schubert
Prof. Dr. Siegfried Unseld:
Goethe, der Schriftsteller – vom Verleger gesehen
Prof. Dr. Otto Krätz:
Goethe und die Naturwissenschaften
, Vortrag mit Experimenten
1994
38
Prof. Dr. Alfred Behrmann:
Italien, wir und die klassischen Reisen der Goethezeit
Dr. Ilse Jahn:
Alexander von Humboldt und Goethe
Exkursion ins Fichtelgebirge:
Mit dem Geologenhammer auf Goethes Spuren
Goethes 245. Geburtstag in Schuberts Garten – Musikalisch-literarischer Abend
Gottfried Eberle:
Goethe und die Musik
, mit gesungenen und gespielten Beispielen
Dr. Joachim Burkhardt: Buch- und Videovorführung:
Ein Film für Goethe
Dr. Manfred Obermann:
Der Einfluß der Freimaurerei auf Goethes Leben und Werk
Prof. Dr. Wolfgang von Löhneysen: »
West-östlicher Divan«: Buch der Betrachtungen
Dr. Werner Hennig:
Einführung in Goethetexte: »Das Märchen» – »Novelle«
1995
42
Dr. Werner Hennig:
Goethe Einkommen und Vermögen
Prof. Dr. Hans-Dieter Holzhausen:
Goethes Gespräche mit Eckermann
Dr. Gerhard Schewe:
Zum Goethebild Romain Rollands
Prof. Dr. Frank Nager:
Gesundheit, Krankheit und Tod bei Goethe
Film-Uraufführung
Goethe und sein Haus am Frauenplan
, Regie Beate Schubert
Goethes 246.Geburtstag in Frau Schuberts Garten – Musikalisch-literarischer Abend
Prof. Dr. Effi Biedrzynski:
Goethes Weimar
Dr. Ernst Schneider:
Goethe midlife-crisis in Italien
Reinhold Köpke:
Goethe – ein Vorläufer der Tiefenpsychologie
1996
48
Prof. Dr. Ekkehart Krippendorff:
Goethe und der Orient
Dr. Dagmar von Gersdorff: Lesung
Königin Luise und Friedrich Wilhelm III.
Prof. Dr. Alfred Behrmann:
Goethes Reise nach Sizilien
Goethes 247.Geburtstag in Schuberts Garten – Konzert
Tagesfahrt nach Naumburg: Stadtbesichtigung und Führung durch den Dom
Tagesfahrt nach Dornburg: Besichtigung des Renaissance- und des Rokokoschlosses
Dr. Renate Grummach:
Goethe im Gespräch – aus der Arbeit eines Editors
Peter Stein:
Über die Möglichkeiten, den Gesamtfaust zu inszenieren
316
1997
50
Prof. Dr. Hans-Jürgen Schings:
Schillers Kritik am Illuminatenorden und ihre Folgen
Beate Schubert:
Goethes Verhältnis zu Büchern
Dr. Jochen Klauß:
Charlotte von Stein – eine Weimarer Legende
Goethes 248. Geburtstag: Wannsee-Dampferfahrt z. 10-jährigen Bestehens der GG-Bln.
Dr. Dagmar von Gersdorff: Lesung
Bettina und Achim von Arnim
Prof. Dr. Volker Hesse:
Goethes Konstitution und Krankheiten
1998
51
Tagesexkursion: Besuch der Inszenierung
Faust I,
Anhaltinisches Theater Dessau
Prof. Dr. Otto Krätz:
Alexander v. Humboldt – Wissenschaftler, Weltbürger, Revolutionär
Tagesexkursion nach Leipzig:
Klein Paris und der junge Goethe
Tagesexkursion: Anhaltinisches Theater Dessau, Besuch der Inszenierung »Faust II«
Goethes 249.Geburtstag in Schuberts Garten – musikalisch-literarischer Abend
Prof. Martin Seiler (SPSG): Führung durch die Potsdamer Gärten
Prof. Dr. Ekkehart Krippendorff:
Deutschlands dienstältester Minister
1999 Goethe und seine Berliner Beziehungen
52
Maria Erxleben:
Goethes Verhältnis zu Berlin
Dr. Gudrun Fritsch: Führung durch das Käthe-Kollwitz-Museum, anschließend:
Dr. Wolfgang Butzlaff:
Käthe Kollwitz und Goethe
Hans-Hellmut Allers:
Goethe und das Berliner Theater
Prof. Dr. Ernst Osterkamp:
Goethe und Wilhelm von Humboldt
Dr. Helmut Börsch-Suphan:
Goethes Dichtungen als Inspirationsquelle Berl. Künstler
Dr. Hartmut Schmidt:
Goethe, Nicolai und die Berliner vor 225 Jahren
Tilmann Buddensieg:
Schinkel, Rauch und Goethe
Prof. Dr. Frank Schneider:
Goethe und Reichhardt
Gottfried Eberle:
Goethe Interesse an Zelters Singakademie
Prof. Dr. Norbert Miller:
Goethe im Hause Mendelssohn
Prof. Dr. Hartmut Böhme, Jan-Lüder Röhrs, Prof. Dr. Ferdinand Dammerschun:
Alexander von Humboldt
, Podiumsdiskussion
2000 Gesundheit und Krankheit bei Goethe
68
Prof. Dr. Volker Hesse:
Gesundheit und Krankheit bei Goethe
Dr. Hubert Heilemann:
Goethe als Patient
Prof. Dr. Manfred Heuser:
Die Newton Kritik – eine paranoide Psychose Goethes?
Prof. Dr. Wolfgang Schad:
Goethe als Psychiater
Goethes 251. Geburtstag in Schuberts Garten – Muskalisch-literarisches Programm
Dr. Hartmut Schmidt:
Essen und Trinken bei Goethe
Prof. Dr. Manfred Bühring:
Goethe Anschauen in der Medizin
Prof. Dr. Heinz Schott:
Medizin der Goethezeit
Dr. Gunhild Pörksen:
Gesundheit und Krankheit in Goethes Tagebüchern und Briefen
2001 Goethe – Jugend und Alter
72
Prof. Dr. Henrik Birus:
Die Wiederbegegnung des alten mit dem jungen Goethe
Dr. Renate Grötzebach:
Zwei Leseabende zu Goethes »Werther«
Was geht uns heute Goethe an?
Diskussion mit Schülern über »Werthers« Leiden
Jahrestagung der deutschen Goethe-Gesellschaften e.V.
Ausstellung
Goethe – Berlin –Mai 1778
, Staatsbibliothek Berlin (Haus I)
Filmvorführung:
Die neuen Leiden des jungen W.
(1976),
Ulrich Plenzdorf:
Rückblick nach 30 Jahren,
Diskussion mit dem Autor
Joachim Wohlleben:
Goethes »Werther« im Kontext seiner Zeit
Goethes 252. Geburtstag in Schuberts Garten, Lesung:
Der Mann von 50 Jahren
Prof. Dr. Volker Hesse:
Goethes Beziehungen zu Kindern und Heranwachsenden
Hans-Wolfgang Kendzia:
Fünf Leseabende zu Goethes »Faust II«
Prof. Dr. Ekkehart Krippendorff:
Gespräch über Peter Steins »Faust«-Inszenierung
Dr. Klaus-Michael Köppen:
Goethe als geriatrischer Patient
2002 Die Frauen um den jungen Goethe
80
Dr. Dagmar von Gersdorff: Autorenlesung
Goethes Mutter und Schwester
Dr. Josef Mattausch:
Goethes Jugendliebe Katharina Schönkopf
Dr. Wolfgang Butzlaff:
Goethes Verlobungen und Gelöbnisse
Monika Schopf-Beige:
Friedrike Brion und Lili Schönemann
Musikalisch-literarischer Abend –
Die Liedgedichte des jungen Goethe
Dr. Harald Schmidt:
Werthers Lotte – Wahrheit und Dichtung
Ottilie Lohss:
Charlotte von Stein – Goethes Freundin
Prof. Dr. Friedmar Apel:
Iphigenie in Weimar
Eckart Henscheid: Lesung
Frauen unter Goethe
Dr. Franziska Schöffler:
Frauengestalten in »Wilhelm Meisters Lehrjahre«
2003 Die Frauen um den älteren Goethe
84
Siegfried Seifert:
Die Weimarer Primadonna Karoline Jagemann
Eckart Kleßmann:
Christiane Vulpius im Urteil der Zeitgenossen
Hans-Hellmut Allers:
Bettine von Arnim und ihre Beziehung zu Goethe
Prof. Dr. Theo Buck:
Mariannne von Willemer und Goethe
Cornelia Kühn-Leitz: Rezitationsabend
»Buch Suleika«
aus dem
»West-östlichen Divan«
Prof. Dr. Katharina Mommsen:
Die Dichterin Marianne von Willemer
Dr. Heike Spies:
Die Frauengestalten in »Wilhelm Meisters Lehrjahre«
Prof. Dr. Detlev Jena:
Goethes Verhältnis zur Großfürstin Maria Pawlowna
Filmvorführung:
Die Wahlverwandtschaften
mit anschließender Diskussion
Hans-Wolfgang Kendzia:
Goethes Einstellung zur Ehe
Dr. Klaus-Michael Koeppen: Ulrike von Levetzow
Monika Schopf-Beige:
Ottilie von Goethe
2004 Goethe und die Künste
88
Prof. Dr. Werner Busch:
Goethe und die Künste
Hans-Hellmut Allers:
Der Dramatiker und Theaterleiter Goethe
317
Prof. Dr. Katharina Mommsen:
Die Malerin Angelica Kauffmann
Dr. Michael Engelhard:
Goethe und Palladio
Gottfried Eberle:
Goethe und die Musik
Prof. Dr. Ernst Osterkamp:
Goethe als Leser Johann Joachim Winckelmanns
Dr. Jochen Klauss:
Johann Heinrich Meyer, Goethes Künstlerfreund
Hans-Wolfgang Kendzia:
Goethes Portraitisten und sein Verhältnis zu ihnen
Dr. Helmut Börsch-Suphan:
Goethe und Schinkel
Prof. Dr. Norbert Miller:
Der Dichter, ein Landschaftsmaler
Dr. Manfred Koltes:
Das Verhältnis der Gebr. Boisserée im Spiegel ihrer Korrespondenz
2005 Das Goethe-Schiller-Jahrzehnt
98
Hans-Hellmut Allers:
Goethe und Schiller – Freundschaft und Arbeitsgemeinschaft
Monika Schopf-Beige:
»Das Märchen« – Eine Botschaft Goethes an Schiller
Rainer Schmitz:
Weimarer »Xenien« – Anmerkungen zur lit. Streitkultur um 1800
Prof. Dr. Rolf-Peter Janz:
Schillers und Goethes Annäherung an das antike Theater
Prof. Dr. Katharina Mommsen:
Goethes Anteil an Schillers »Wilhelm Tell«
Dr. Angelika Reimann:
Goethe und Schillers und ihr Balladenschaffen
Prof. Dr. Volker Hesse:
Goethe und die Medizin
Prof. Dr. Hans-Jürgen Schings:
Die Weimarer Klassik und das Böse
Hans-Wolfgang Kendzia:
Anmerkungen zum Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller
Ulrich Ritter und Christian Steyer: Lesung:
Goethe und Schiller – eine Begegnung
2006 200 Jahre Goethes »Faust«
106
Hans-Helmut Allers:
Dr. Faustus in Historie und Literatur
Prof. Dr. Frank Möbus:
Zur Entstehungsgeschichte von Goethes »Faust«
Dr. Alwin Binder:
Visionen moderner Welt in Goethes »Faust I« vor und nach 1800
PD Dr. Michael Jaeger:
Mephistos Modernität
Dr. Manfred Osten:
Zur Aktualität der »Faust«-Tragödie
Event Theaters Brandenburg in der Ruine des St.-Pauli-Klosters
»Faust I«
Prof. Dr. Volker Hesse:
Dr. Faustus und Dr.med Johann Wolfgang Goethe
Dr. Angelika Reimann:
Goethes Gretchentragödie u. d. Kindsmord im 18. Jahrhundert
Prof. Dr. Theo Buck: »
Faust II«, 5. Akt – Fausts Tod, ein tragisches Ende?
Prof. Dr. Alfred Behrmann:
Die Dramaturgie der »Faust«-Dichtung
2007 Zwischen Musenhof und Ministeramt
110
Hans-Hellmut Allers:
Goethe 1775-1786 – Das erste Weimarer Jahrzehnt
Dr. Jochen Golz:
Ein Portrait der Herzogin Anna-Amalia
Dr. Thomas Franzke:
Goethe und das Weimarer Liebhabertheater
Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma:
Wieland in Oßmannstedt bei Weimar
Dr. Manfred Osten:
Goethe als Leiter der Kriegskommission
Dr. Angelika Reimann:
Goethes amtliche Tätigkeit vor und nach der italienischen Reise
Prof. Dr. Theo Buck:
Goethe – ein politischer Schriftsteller?
Prof. Dr. Ekkehart Krippendorff:
Politische Dimensionen der Weimarer Theaterarbeit
Prof. Dr. Katharina Mommsen:
Goethes berufliche Auseinandersetzung mit Friedrich II
.
2008 Goethes lebenslange Suche
116
Hans-Hellmut Allers:
Goethes lebenslange Suche
Ursula Homann:
Goethes Glaube und Gottesvorstellung
Dr. Manfred Osten:
Goethe u. d. Verheißungen der Lebenswissenschaften im 21. Jhdt.
Prof. Dr. Ludolf von Mackensen:
Goethe und die Alchemie
Prof. Dr. Hans-Jürgen Schings: »
Faust« – die alte und die neue Schöpfung
Goethes 259. Geburtstag, Jürgen Thormann liest
Goethe: Meine Religion, mein Glaube
Prof. Dr. Volker Hesse:
Goethes Ergründung der Naturwissenschaften
Dr. Otto Krätz:
Chemische und physikalische Experimente bei Goethe
Beate Schubert:
Esoterik in Goethes Leben und Werk
Prof. Dr. Theo Buck:
Goethes Entelechie
2009 Goethes Freunde,Weggefährten und Lehrmeister
132
Hans-Hellmut Allers:
Goethes Freunde,Weggefährten und Lehrmeister
Beate Schubert:
Goethes Lehrmeister in Frankfurt und Leipzig
Dr. Michael Zaremba:
Johann Gottfried Herder – Goethes Mentor
Dr. Ulrike Leuschner:
Die schwierige Freundschaft zwischen Goethe und Merck
Dr. Egon Freitag:
Zum Verhältnis von Goethe und Wieland
Dr. Manfred Osten:
Zur Modernität des Goethe-Jacobi-Verhältnisses
Prof. Dr. K. Mommsen:
Goethes und Schillers Bündnis im Spiegel ihrer Dichtungen
Prof. Dr. Volker Hesse:
Goethe, die Jenenser u. weitere Lehrer d. Naturwissenschaften
Dr. Volker Ebersbach:
Goethes Freundschaft mit Carl August u. m. Carl Friedrich Zelter
Prof. Dr. Manfred Geier:
Goethe und die Gebrüder Humboldt
2010 Goethes Vorbilder
156
Dr. Bettina Fröhlich:
Goethes Platon-Rezeption
Prof. Dr. Günter Häntzschel:
Goethe zu Homer
Dr. Manfred Osten:
Zur Aktualität der Hafis-Rezeption bei Goethe
Prof. Dr. Hendrik Birus:
Goethes Shakespeare
Prof. Dr. Alfred Behrmann:
Dantes Spuren bei Goethe – ein Fährtengang
Dr. Michael Engelhard:
Der Sprachmeister Goethe als Erbe Luthers
Prof. Dr. Christoph Perels:
Goethes kritische Verehrung für Rousseau, den Erzieher
Prof. Dr. Theo Buck:
Goethes Verhältnis zu Moliere,Voltaire und Diderot
Dr. Manfred.Osten:
Goethes Spinoza-Begeisterung
Prof. Dr. Volker Riedel:
Goethes Blick auf die Jahrhundert-Gestalt Winckelmann
2011 Goethe lebt! – Zur Aktualität eines Autors im 21. Jahrhundert
160
Dr. Detlev Lüders:
Goethes Aktualität
(Einführung)
Prof. Dr. Dieter Borchmeyer:
Goethes Altersfuturismus
Dr. Manfred Osten:
Goethe als Manager unserer Krisen
Prof. Dr. Wulf Segebrecht:
Goethe in Gedichten der Gegenwart
Prof. Dr. Ekkehart Krippendorff:
Die Entdeckung des politischen Goethe
Prof. Dr. Josef Mattausch:
Vom Leben der Goethe-Sprache
Hans-Hellmut Allers:
Goethes Haltung zu Liebe, Ehe und Familie
318
Dr. Elisabeth von Thadden:
Zur Aktualität von Goethes »Wahlverwandtschaften«
Prof. Dr. Volker Hesse:
Goethes naturwiss. Forschungen – ihre aktuelle Bedeutung
PD Dr. Michael Jaeger:
Fausts Weltkolonisation – Zur Aktualität Goethes
2012 Goethes Weltsicht und ihre Aktualität
168
Prof. Dr. Theo Buck:
Goethe heute
Dr. M. Osten u. Dr. Sahra Wagenknecht:
Über den Eigentumsbegriff bei Goethe
Dr. Bernhard Bueb:
Was die deutsche Schule von Goethe lernen sollte
Dr. Adolf Muschg:
Goethes Natur als Beziehungsfähigkeit
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Zur Modernität von Goethes »Werther«
Prof. Dr. Katharina Mommsen:
Goethe und die Weltkulturen
Prof. Dr. John-Dylan Haynes, Dr. Manfred Ostenund, Prof. Dr. Wolf Singer:
Podiumsgespräch
Naturwissenschaftliche Implikationen in Goethes Denken
Dr. Manfred Osten:
Zur Aktualität von Goethes Asienverständnisses
2013 Goethe zwischen Aufklärung Klassik u. Romantik
172
Hans-Hellmut Allers:
Goethe zwischen Aufklärung, Klassik und Romantik
Rainer Falk:
Der junge Goethe und die Berliner Aufklärung
Gösta Knothe (Regisseur):
Die zwei inkommensurablen Teile des Goethe’schen »Faust«
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Die lit. Fehde zwischen Goethe und den Berliner Aufklärern
Prof. Dr. Hans Richard Brittnacher:
Der Konflikt zwischen Goethe und Kleist
Prof. Dr. Helmut Schanze:
Goethe und die Frühromantik
Prof. Dr. Christa Lichtenstern:
Goethe und die Skulptur
Theater Palais am Festungsgraben: »
Reinecke Fuchs«
zu Goethes 264.Geburtstag
Prof. Dr. Hartmut Fröschle:
Goethes Verhältnis zu der Dramatik der Romantiker
Prof. Dr. Conrad Wiedemann:
Goethes Mann in Berlin – Der Briefwechsel mit Zelter
Dr. M. Osten:
Die Romantik und Goethes Widerstand gegen deren Kunst u. Literatur
Prof. Dr. Theo Buck:
Goethes »Werther« im Urteil der europäischen Romantik
2014 Von Werken Goethes und ihrer Entstehung I
Dr. Manfred Osten:
Goethes Dichtung und was ist Wahrheit?
176
Robert Walter-Jochum, M.A.:
Goethes Sesenheim in »Dichtung und Wahrheit«
Prof. Dr. Gesa Dane:
Fakten und Fiktionen in Goethes »Die Leiden des jungen Werthers«
Prof. Dr. Peter André Alt:
Goethes »Torquato Tasso« als Drama der sozialen Form
Prof. Dr. Rüdiger Safranski, Dr. Manfred Osten:
Goethe – Kunstwerk des Überlebens
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Warum Goethe über Italien keinen Reisebericht verfaßte
Dr. Ariane Ludwig:
Entstehung und Komposition von »Wilhelm Meisters Wanderjahren«
Prof. Dr. Dirk v. Petersdorff:
Widersprüche in Goethes Leben u. Lyrik
Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken:
Aus der Arbeit an der historisch-kritischen
Hybrid-Edition von Goethes »Faust II«
2015 Von Werken Goethes und ihrer Entstehung II
180
Prof. Dr. Peter André Alt:
Das Vorspiel als Endspiel: Goethes »Faust«-Prolog
PD Dr. Michael Jaeger:
Goethe, der Wanderer und »Faust«
Prof. Dr. Daniel W. Wilson:
Schillers Zensur der »Römischen Elegien«
u. d. »Venezianischen Epigramme«
Prof. Dr. Jutta Müller-Tamm:
Zu Goethes autobiogr. Schriften und ihrer Entstehung
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Goethes Briefe aus der Schweiz
Goethes 266.Geburtstag, Duo Con emozione:
Goethe-Vertonungen
Dr. Elke Richter:
Goethes Briefe an Charlotte von Stein
Dr. Manfred Osten:
Alexander von Humboldt in Goethes »Wahlverwandtschaften«
Prof. Dr. Volker Hesse:
Goethes Verständnis des Lichtes
Prof. Dr. Steffen Martus:
Die Entstehung von Goethes Lebenswerk
2016 Weltbürger Goethe
184
Dr. habil. Jochen Golz:
Der Weltbürger Goethe
)
Prof. Dr. Christof Wingertszahn:
Goethe und England
Prof. Dr. Theo Buck:
Die intensive Beschäftigung Goethes mit Frankreich
Prof. Dr. Michael Maurer:
Kulturmuster Bildungsreise – Goethe in Italien u. d. Folgen
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Die böhmischen Bäder: Refugium u. intellektueller Marktplatz
Dr. Manfred Osten:
Goethe, ein fernöstlicher Weltbürger
Prof. Dr. Volker Hesse:
Goethes Interesse an Südamerika
Dr. Manfred Osten:
Zur Modernität von Goethes Islam-Verständnis
PD Dr. Michael Jaeger:
Goethes Flüchtlinge
Prof. Dr. Hendrik Birus:
Goethes Idee der Weltliteratur
2017 Die Liebe, Goethes Lebensthema
Dr. Manfred Osten:
Die Liebe – Goethes Glücksgeheimnis
Prof. Dr. Thorsten Valk:
Erotische Rollenspiele in der Lyrik des jungen Goethe
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Zur Natur- und Liebesdichtung im Sturm- und Drang
Detlef Schönewald:
Der Werther – ein Liebesversuch
August Dr. Heike Spies:
Verlobung und Hochzeit im Goethe-Umkreis
Beate Schubert:
Goethes Briefe und Zettelgen an Frau von Stein
Dr. Monika Estermann:
Die Wahlverwandtschaften - ein literarisches Experiment
Dr. Manfred Osten:
Die Liebe im westöstlichen Divan
Prof. Dirk von Petersdorff:
Die letzte Liebeserschütterung in der Marienbader Elegie
2018 Goethe - Vordenker und Wegbereiter
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Über die Aktualität von Goethes Werken
Dr. Manfred Osten:
Goethe, ein Vordenker der Migrationskrisen des 21. Jahrhunderts
Prof. Dr. Olaf L. Müller:
Goethe als Naturwissenschaftler – eine Rehabilitation!
Prof. Dr. Bertram Schefold:
Goethe und die moderne Wirtschaft
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Goethes Stadtflucht oder warum wir alle einen Kleingarten haben wollen
Podiumsdiskussion: Dr. Manfred Osten, Dr. Rüdiger Safranski:
Das Glück bei Goethe oder die Kunst des Überlebens
Podiumsdiskussion: Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Manfred Osten, Dr. Michael Jaeger:
Auf freiem Grund mit freiem Volker stehn – Alptraum oder Utopie
Prof. Theo Buck:
Goethe als Dramaturg des modernen Theaters
Dr. Bernhard Fischer:
Goethe und Cotta auf dem Weg zum modernen Urheberrecht
Dr. Michael Jaeger:
Feuermaschinen - Goethe und Marx
319
2019 Goethe - Der Zeichner, Kunstkenner und Sammler
Beate Schubert:
Goethes Verhältnis zu den bildenden Künsten
Dr. Manfred Osten:
Einführung in Goethes Schule der Achtsamkeit
Dr. Petra Maisak:
Der junge Goethe und die bildenden Künste
Prof. Dr Norbert Christian Wolf:
Goethe Kunstanschauung vom Sturm und Drang bis zur Rückkehr aus Italien
Festakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt:
100 Jahre Goethe-Gesellschaft Berlin e.V.
Prof. Dr. Johannes Grave:
Ideal und Geschichte - Spannungen in Goethes Kunstauffassung um 1800
Prof. Dr. Hermann Mildenberger:
Goethes Weg zur Landschaft
Prof. Dr. Thorsten Valk:
Spannungsvolle Nähe - Goethe und die Kunst der Romantik
Prof. Dr. Stefan Matuschek (Jena):
Goethe Antike-Konzept in seiner historischen Entwicklung
Dr. Robert Steegers:
Der Sammler Goethe im Spiegel seiner Werke und seiner Zeit
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
(Autographen) Sammeln als Leidenschaft
Dr. Markus Bertsch:
Wirkung und Rezeption Goethes in der zeitgenössischen Kunst
2020 Goethes Natur
Dr. Manfred Osten (Bonn):
Goethes ganzheitliches Naturverständnis als Lyriker, Forscher und Pantheist
Dr. Thomas Schmuck:
Tagesfahrt nach Weimar: Führung durch die Ausstellung Abenteuer der Vernunft- Goethe und die Naturwissenschaften um 1800
Prof. Dr. Uwe Hentschel (Chemnitz/Berlin):
Naturgenie trifft auf Unnatur – Lyriker des Sturm und Drang
Prof. Dr. Volker Hesse (Berlin):
Goethe im Netzwerk der Naturwissenschaften
Dr. Thomas Schmuck (Weimar):
Goethes Gespräch mit der Erde
Dr. Hans-Georg Bartel (Berlin):
Goethe und der Wandel der Chemie zur exakten Naturwissenschaft um 1800
Goethe 271. Geburtstag in Krongut Bornstedt/ Sanssouci
Wolfgang Jorcke (Berlin):
Drei Leseabende zum Jahresthema Goethes Natur
Dr. Helmut Hühn (Jena):
Goethes Morphologie und Metamorphosenlehre
Prof. Dr. Friedrich Steinle (Berlin):
Goethes Farbenforschung im Kontext ihrer Zeit – Ein neuer Blick
2021 Epochenumbruch um 1800 in Goethes Leben und Werk
Prof. Dr. Uwe Hentschel (Chemnitz/Berlin): Zu den Umbruchs- und Krisenerfahrungen um 1800
Beate Schubert (Berlin): Der Student Goethe inmitten der Epochen
Prof. Dr. Dirk von Petersdorff (Jena): Goethe im Sturm und Drang
Prof. Dr. Ernst Osterkamp (Berlin): Goethe und das klassische Ideal
Dr. Manfred Osten (Bonn): Zur Aktualität des Goetheschen Verständnisses der Französische Revolution
Dr. Manfred Osten – Prof. Dr. Peter André Alt - Podiumsdiskussion: Goethes und Schillers Konzept zur ästhetischen Erziehung des Menschen
Goethes 272. Geburtstag: Bad Lauchstädt -Geburtstags-Matinée Musik um Goethe: Goethe-Theater: Faust - Der Tragödie erster Teil
Drei Leseanachmittage zum Jahresthema: Leitung: Wolfgang Jorcke (Berlin)
Prof. Dr. Jochen Golz (Weimar): Goethe, Schiller und Friedrich Schlegel an der Schwelle der Moderne
Prof. Dr. Helmut Hühn (Jena): Zeit und Geschichte in Goethes „Wahlverwandtschaften“
Dr. h.c. Friedrich Dieckmann (Berlin): Napoleonisches beim alten Faust
PD Dr. Michael Jäger (Berlin): Die Julirevolution in Paris und der Beginn des Maschinenzeitalters
320
2022 - Opponent und Vorbild – Goethe in der Auseinandersetzung
Dr. Manfred Osten (Bonn):
Goethes Opposition gegen alle lebensfeindlichen Tendenzen seiner Zeit
Philipp Restetzki (Görlitz):
Goethes Verhältnis zu Spinoza unter besonderer Berücksichtigung des Faust
Beate Schubert (Berlin):
Der Kriegsminister Goethe in Opposition zu Friedrich des Großen
Prof. Dr. Rainer Holm-Hadulla (Heidelberg):
Goethes unkonventionelle Frauenbeziehungen
Prof. Dr. Uwe Hentschel (Berlin/Chemnitz):
Goethes Kritik an profaner Nützlichkeit und Arbeitsteilung
Prof. Dr. Jochen Golz (Weimar):
Goethes Blicke auf seinen künstlerischen Widersacher Jean Paul
Goethes 273. Geburtstag:
Bedlam-Theater Fülle des Lebens Gedichte - Balladen – Szenensplitter
Dr. Manfred Osten (Bonn):
Goethe - ein Gegner der kranken Lazarettpoesie der Romantiker
Prof. Dr. Uwe Hentschel (Berlin/Chemnitz):
Goethe und die Unterhaltungsliteratur
Prof. Dr. Ernst Osterkamp (Berlin):
Der Sammler Goethe im Spiegel seiner Werke und seiner Zeit
Prof. Dr. Uwe Hentschel:
Goethe - ein Weltbürger in den Zeiten des Nationalismus
Dagmar von Gersdorff (Berlin):
Lesung: Die Schwiegertochter - Ottilie von Goethe
Dr. PD Michael Jäger (Berlin):
Goethe, Faust und der Saint-Simonismus
2023 - Zäsuren und Umbrüche in Goethes Leben und Werk
Dr. Manfred Osten (Bonn):
Zur Aktualität der Umbrüche und Krisen in Goethes Leben und Werk für das 21. Jahrhundert
Beate Schubert (Berlin):
Goethe entdeckt Shakespeare
Prof. Dr Albert Meier (Kiel):
Goethes revolutionäres Dichten im Sturm und Drang
Prof. Dr. Uwe Hentschel (Berlin/Chemnitz):
Goethes „Iphigenie“ – Zeitenwenden in Weimar und auf Tauris
Prof. Dr Jochen Golz (Weimar):
Goethes Lebenskrise nach seiner Rückkehr aus Italien
Besuch des Romantikmuseums in Frankfurt
Prof. Dr. Dieter Borchmeyer (München):
Entstehungsgeschichte von Goethes Götz
Theaterpremiere im Burghof Jagsthausen:
260 Jahre Goethes Götz v. Berlichingen
Dr. Ariane Ludwig:
Goethes Mährchen - eine Reaktion auf die Französische Revolution
Paul Sonderegger:
Lesung zu Goethes 274. Geburtstag
Herz mein Herz , was soll das geben ? Goethe fünf Jugendlieben in Dichtung und Wahrheit
Dr. Monika Estermann (Berlin):
Lesenachmittage zum Jahresthema
Prof. Dr. Georg Schmidt (Jena):
Goethes politisches Wollen und die Zeitenwende
Dr. Friedrich Dieckmann (Berlin):
Goethe in der Zeitenwende/ Von den Schwierigkeiten politischer Dichtung in stürzender Zeit
Prof. Dr. Ernst Osterkamp (Berlin):
Goethes produktiver Widerstand gegen die Zumutungen des Zeitgeistes
Dr. Manfred Osten (Bonn):
Goethes Faust - die versiegelte Tragödie der Zeitenwende
321
Jahresthema 2020 - Goethes Natur
Januar     Dr. Manfred Osten (Bonn)  
Die Natur......ist immer wahr  
        
              Zu Eckermann 13. Februar 1829
Goethes ganzheitliches Naturverständnis  
als Lyriker, Forscher und Pantheist
Januar        Tagesfahrt nach Weimar
Führung durch die Ausstellung Abenteuer der
Vernunft durch den Leiter der
naturwissenschaftlichen Sammlungen  
Dr Thomas Schmuck  
Februar   Prof. Dr. Uwe Hentschel
(Chemnitz/Bln)
Und was will sich unser Jahrhundert
unterstehen von der Natur zu urteilen?   
                     Zum Schäkespears Tag 1771
Naturgenie trifft auf Unnatur
Goethe Lyriker des Sturm und Drang  
März Mai:  Corona-bedingte Verschiebung
der Vorträge  
Juni       Prof. Dr. Volker Hesse (Berlin)
Aus den Tiefen der Berge zu den Nebelsternen
des Alls- Goethe im Netzwerk der
Naturwissenschaften
Juli     Dr. Hans-Georg Bartel (Berlin)
... die Chemie ist so lebendig daß man
auf die angenehmste Weise wieder jung wird ...
   
An Carl Friedrich Zelter, 16. Dezember 1817
Goethe und der Wandel der Chemie  
zur exakten Naturwissenschaft um 1800                            
Mai      Dr. Thomas Schmuck (Weimar)  
Saget Steine mir an, o sprecht !   
Römische Elegien
Goethes Gespräch mit der Erde
28. August   Goethe 271.Geburtstag
Krongut Bornstedt/Sanssouci
Joachim Berger: Lesung Reineke Fuchs
September        Dr. Helmut Hühn (Jena)  
Bewegliche Ordnung - Metamophose der Tiere-
Goethes Morphologie und
Metamorphosenlehre
Oktober    Prof. Dr. Friedrich Steinle (Berlin)  
Das Nächste ans Nächste reihen
Aufsatz: Der Versuch als Vermittler  
Goethes Farbenforschung im Kontext ihrer
Zeit
          
November      Beate Schubert (Berlin)  
Die Natur verbirgt Gott! Aber nicht jedem  
                                 
Maximen und Reflexionen
Der Pantheist Goethe
(corona bedingt
verschoben auf 2021)
Dezember     Prof. Dr. Jochen Golz (Weimar)  
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt  
                                           Urworte, orphisch
Natur und Geist in Goethes späten
Gedichten.
(corona-bedingt verschoben auf 2021)
    
  
Goethe Gesellschaft Berlin e.V.
Jahresrückblick 2020  
Goethes Natur
Donnerstag, 16. Januar  
Einführungsvortrag: Dr. Manfred Osten (Bonn)
Goethes ganzheitliches Naturverständnis als Lyriker, Forscher und Pantheist.
Manfred Osten ging von dem „ontologischen Defekt“ des Menschen aus, der Ungeduld und Übereilung, die zu Irrtümern
führen, wie es Goethe z. B. in dem Essay „Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt“ (1792) dargestellt hat. Dazu
gehören auch die Erkenntnisse aus der „Botanik“ (1823) über die Widerspenstigkeit der Natur: „Die Natur duldet keine
Späße, sie immer wahr, hat immer recht“. Die Annäherung an sie kann sich nur sehr vorsichtig durch „Lauschen“ oder
„Empfinden“ (W. von Humboldt) vollziehen. Dabei ist das Anschauen viel wichtiger als das Denken (die Theorie) oder wie
Ottilie in den „Wahlverwandtschaften“ bemerkte: „Der Verstand ist hochmütig“.  
Goethe war mit A. von Humboldt einig, dass in der Natur das Prinzip der Wechselwirkung, das „leise Gewicht und Gegengewicht“ herrscht,  das
monokausale Denken also nicht die angemessene Herangehensweise sein könne. Daraus ergab sich
seine Forderung nach Mäßigung und Zurückhaltung vor der schnellen Formulierung von
Theorien. In „Faust“ z.B. erkannte nur Mephisto diesen Zusammenhang: Faust war zu Beginn des
Dramas Pantheist, endete aber am Schluß von „Faust II“  als Zerstörer
( Akt V, Vers 11545f )
ohne
Empathie mit der Natur. Ein Beispiel für das Naturverständnis ist das Gedicht „Vermächtnis“, in
dem es heißt:
Kein Wesen kann zu Nichts zerfallen! / Das Ew´ge regt sich fort in allen/ Am Sein erhalte dich beglückt!
Das Sein ist ewig, denn Gesetze/ Bewahren die lebend´gen Schätze, / Aus welchen sich das All geschmückt.
Was fruchtbar ist allein ist wahr, / Du prüfst das allgemeine Walten, / Es wird nach seiner Weise schalten ...“
In diesem Zusammenhang konnte Goethe, wie Osten zeigte, den Tod nur als einen „Kunstgriff der Natur“
verstehen, als fruchtbare Umgestaltung, die Sonne aber als Manifestation der Wahrheit, als einen Prozeß des
Schöpferischen. Dem Dichter kam die besondere Funktion des Lobens und Dankens zu, z.B. in  „Dämmrung
senkte sich von oben...“ („Chinesisch-deutsche Jahres- und Tageszeiten“, VIII), ein Gedanke, der im „West-
östlichen Divan“ thematisiert wird. Osten beschrieb sodann zusammenfassend Goethes Ziele als
Naturforscher: Die Natur zu verstehen als Leben und als Folge aus einem unbekannten Zentrum zu einem
unbekannten Ziel.
In der Natur wird alles durch Entwicklungen erreicht, durch
Metamorphose, sie kennt keine Sprünge.  
Besonders wichtig waren die „Taten des Lichts“, die Entstehung von Protoplasma und
Photosynthese für die gesamte Entwicklung der Erde und des Menschen. Die Bedeutung des
Lichts zeigt sich auch in der „Farbenlehre“, in der Goethe das Licht als unteilbar ansah, im
Unterschied zu Newton. Sie führte ihn sogar auch zu einer Farben-Theologie. Seine
Forderung nach Domestizierung der Ungeduld, der Affekte und des Hochmuts des Verstandes gegenüber der Natur hatten ihn
schon vor seiner Spinoza-Rezeption zum Pantheismus geführt.  
Mit dem Zitat aus „Faust II“:
„Stünd ich, Natur! vor dir ein Mann allein / Da wär's der Mühe wert ein Mensch zu sein“
(Faust II, Vers
11405f.) unterstrich Osten diese Aussagen noch deutlich.
ME
Im November erfuhren wir, daß die Klassik Stiftung Weimar entschieden hatte,  ihre Ausstellung zu
Goethes 270. Geburtstag Goethe und die Naturwissenschaften um 1800 bis Mitte Februar 2020
zu verlängern. Daher beschlossen wir spontan, im Januar einen Tagesausflug nach Weimar zu
unternehmen, an dem sich 29 Mitglieder beteiligten. Die Ehepaare Jaeckel und Nöller – letztere
wohnen neuerdings wieder in Erfurt – haben uns aber die Treue bewahrt – stießen von unterwegs zu. Erstmalig
konnten wir nun vom neuen ICE-Sprinter profitieren, der uns in gut 2 Stunden nach Erfurt beförderte. Weiter ging´s mit dem Regionalzug nach
Weimar, eine Viertelstunde befanden wir uns inmitten lauter Schulklassen, dicht gedrängt stehend und schwatzend; eine Erinnerung wie aus einer
guten alten Zeit, so etwas wäre in den derzeitigen Corona-Kontaktsperre-Zeit undenkbar.
Mittwoch, 29. Januar  
Tagesfahrt nach Weimar: Führung durch die Ausstellung Abenteuer der Vernunft- Goethe und die Naturwissenschaften um 1800  
durch den Leiter der naturwissenschaftlichen Sammlungen, Dr. Thomas Schmuck
Zwischen 1770 und 1830 traten die Naturwissenschaften in eine prägende Umbruchphase ein.
Namhafte Forscher wie Alexander von Humboldt, Georges Cuvier oder Joseph von Fraunhofer  
legten damals mit ihren Arbeiten die Fundamente für die heutigen naturwissenschaftlichen
Disziplinen. An diesen Entwicklungen nahm Goethe regen Anteil. Im engen Austausch mit
befreundeten Naturforschern stellte er eigene Beobachtungen und Experimente an und baute sich
eine umfangreiche naturwissenschaftliche Sammlung auf: In etwa 50 Jahren trug er von Mineralien,
Gesteinen und Fossilien über Tier- und Pflanzenpräparate bis hin zu physikalischen und
chemischen Experimentiervorrichtungen mehr als 23.000 naturwissenschaftliche Objekte
zusammen. Von diesen zeigt die Schau im Schiller Museum Weimar über 400 Objekte. Dr.
Thomas Schmuck, der neue Leiter der naturwissenschaftlichen Sammlungen Goethes und die bisherige langjährige
Leiterin Frau Gisela Maul, die wir bereits im Jahr zuvor bei unserem Besuch im Goethehaus am Frauenplan kennengelernt hatten,  veranschaulichten
uns in zwei Führungen, wie sich in Goethes Sammlung die leidenschaftlichen Forschungs-Debatten seinerzeit widerspiegelten und wie diese zum Teil
bis heute fortdauern. Gegliedert in drei Ausstellungsbereiche – „Zeit und Erde“, „Ordnung und Entwicklung“ sowie „Licht und Substanz“ –
veranschaulichen zahlreiche in diesem Umfang nie zuvor gezeigte Objekte, wie intensiv Goethe die seinerzeit
aktuellen naturwissenschaftlichen Debatten verfolgte.  
1.“ Zeit und Erde“
1776  beauftragt der Herzog Carl August Goethe von mit der – letztendlich erfolglosen
– Wiederbelebung des Ilmenauer Silberbergbaus. Er vertiefte sich rasch in die
praktischen Aspekte des Bergbaus sowie die Entstehung und Beschaffenheit von
Steinen und Metallen. Ausgehend von Goethes Einstieg in die Naturwissenschaften
inmitten eines nachempfundenen Bergwergstollens werden die Besucher nun an
aktuelle Fragen der Mineralogie und Geologie um 1800 herangeführt.
Damals kontrovers geführte, geowissenschaftliche Debatten werden anhand von Gipsabgüssen von Flugsauriern
oder Fossilien aufgerollt: Wie lassen sich die Dokumente der Natur – Gebirgsformen, Gesteinsarten und
Mineralien-Vorkommen – deuten? Welche Rolle spielen Fossilien in der Erschließung von Erdzeitaltern und wie
hat man sich die zugrundeliegenden Lebewesen vorzustellen?
                   2. „Ordnung und Entwicklung“
Ist der erste Ausstellungsbereich den Anfängen der Geowissenschaften gewidmet, beschäftigt sich das
zweite Kapitel mit den um 1800 diskutierten Fragen nach Konstanz und Wandel in der Natur und ihren
Ordnungssystemen, den Ursprüngen der modernen Biowissenschaften. Eine zentrale Rolle spielte dabei Carl
von Linné und seine auf „Sexualorganen“ aufgebaute Pflanzensystematik.  
Dieser Ansatz galt damals als höchst pikant und beflügelte die Fantasie der Zeitgenossen. Heinrich Meyer
etwa, ein langjähriger Freund und Wegbegleiter Goethes, fertigte eine Zeichnung an, welche die amourösen
Geschehnisse in der Blüte recht explizit darstellt. Für manche Gemüter gar zu explizit: Es gab zahlreiche
Versuche, dieses künstliche und anstößige System durch ein auf Wesensmerkmale und daraus abgeleitete
Verwandtschaften gestütztes Ordnungsverfahren zu ersetzen.  
3. „Licht und Substanz“
Das dritte Kapitel wurde eingeleitet durch die Rauminszenierung eines Labors. Goethe verfügte selbst über einen kleinen
elektrischen und chemischen Experimentierapparat in seinem Haus. Die Einrichtung des professionellen Labors zur Physik und
Chemie der Universität Jena betrieb er als Verantwortlicher für alle Anstalten der Wissenschaft und Kunst gemeinsam mit weiteren
Wissenschaftlern. Nun bekommen wir seine Farbenforschung in einer Crash-Variante innerhalb von zehn Minuten erläutert.  
Also: Sein intensivstes Forschen richtete Goethe auf die Fragen, die mit Licht und Farbe verbunden sind. Er führt nicht nur über
Jahre zahlreiche eigene Experimente durch, sondern nimmt außerdem regen Anteil an den aktuellen Entwicklungen der damaligen
Forschung. Farben sind für Goethe – erklärtermaßen „Taten und Leiden des Lichts“. Als Tat löse das Licht das subjektive Sehen
aus. Es leide, indem äußere Einflüsse seine Farbigkeit bewirken.
Der polare Gegensatz zum Licht ist die Finsternis, auch diese erleidet farbige Abänderungen. Durch trübe Mittel wie
atmosphärische Dünste entstehen die Farben Gelb und Orange aus dem Licht und Blau und Violett aus der Finsternis.
Mischungen ergeben Purpur und Grün. Vor diesem Erklärungs-Hintergrund bewertet Goethe die Farbentstehung beim
Durchgang des Sonnenlichtes durch ein Prisma völlig anders als Newton. Goethe konzipiert seine „Farbenlehre“
schließlich als Gegenentwurf zu Newtons „Opticks“. Bei der 1810 veröffentlichten dreiteiligen Schrift Zur Farbenlehre mit
1400 Druckseiten handelt es sich um Goethes umfangreichste Arbeit überhaupt. Obwohl sie besonders von Seiten der
Physiker scharf kritisiert wird, hielt Goethe sie für seine bedeutendste Lebensleistung.
Angereichert mit jüngsten Forschungsergebnissen zu Goethes weitverzweigtem Wissenschaftsnetzwerk gewährte die Ausstellung
erkenntnisreiche Einblicke in die dynamischen Formierungsprozesse, denen die
modernen Naturwissenschaften um 1800 unterzogen waren. Damals wie heute
naturwissenschaftlich relevante Fragen werden dabei anhand moderner
Präsentationsformen sowie interaktiver Vermittlungsangebote wie Augmented Reality,
animierten Spacebooks vermittelt, offenbar mehr etwas für jüngere
Ausstellungsbesucher. In einer nachgebauten Netzwerk-Bibliothek kann man
außerdem biographische Blätter von 37 Wissenschaftlern um 1800 aus dem Regal
herausnehmen und ihre kurze Vita lesen. Legt man das  Blatt auf einen gläsernen
Tisch, so entsteht aus virtuell erzeugten Bildern, Animationen und zusätzlichen
Informationen ein ausführlicher „Steckbrief“ des jeweiligen Wissenschaftlers in
einer interaktiven Netzwerkbibliothek,  leicht zugänglich aufbereitet für ein
Allgemeinpublikum.  
Nach anderthalb Stunden intensiver Faktenvermittlung auf höchstem Niveau
kehrten wir aus dem Dunkel der „Abenteuer der Vernunft“-Kabinette wieder ans
Weimarer Tageslicht zurück, leicht erschöpft, doch wissensmäßig ungemein
bereichert. Bevor nun ein jeder machen konnte, was er wollte – die meisten strebten
ohnehin alsbald zielstrebig ins RESI am Schloß, wo uns ein reservierter Tisch im Warmen und soliden Speisen der Thüringer erwartete, galt es noch,
sich für ein obligatorischen Gruppenfoto zu versammeln und das bei kaltem Wind und ziemlich frischen Temperaturen.
Die Rückfahrt verlief, jedenfalls in unserem Abteil, sehr lebhaft. Unser neues Mitglied Werner Renkwitz, der letztes Jahr mit 89 Jahren
eingetreten ist, erzählte aus seiner Zeit als leitender Mitarbeiter des DDR-Außenhandels-Ministeriums. Das gab reichlich
Gesprächsstoff; die drei vormaligen West-Berlinerinnen lauschten verblüfft seinem temperamentvollen Schlagabtausch mit drei
ehemaligen DDR-Bürgerinnen, die ihm ihre ganz eigenen Assoziationen hinsichtlich der Effizienz des sozialistischen Warenhandels
mittteilten. Über drei Jahrzehnte ist Deutschland nun wiedervereinigt, die jahrzehntelange Teilung der beiden deutschen Staaten scheint
heute Lichtjahre entfernt. In den Köpfen der heute über 70-Jährigen ist sie ein Teil der eigenen Biografie und Erinnerung, die hin und
wieder einmal, und das sehr deutlich und durchaus emotional zum Vorschein kommt, wenn von Nachkriegszeit und Kaltem Krieg die
Rede ist und deutsch-deutsche Realitäten im letzten Drittel des 20. Jahrhundert zur Sprache kommen. Auf diese Weise verging die Zeit wie im Fluge und wir
trafen rechtzeitig zum Abendbrot wieder in Berlin ein.
Donnerstag, 20. Februar,
Prof. Dr. Uwe Hentschel (Chemnitz/Berlin)
Naturgenie trifft auf Unnatur – Lyriker des Sturm und Drang
In der Zeit des Sturm und Drang ist Natur für Goethe noch kein Gegenstand wissenschaftlichen Interesses, jedoch im
Selbstverständnis des jungen Dichters kaum weniger wichtig: Natur avancierte um 1770 zu einem Kampfbegriff, mit dem der
aufscheinenden modernen bürgerlichen Lebenswelt (mit ihrem Nützlichkeitsdiktat, ihrem Stadt-/Hofleben, der zunehmenden
Rationalisierung und Arbeitsteilung) in emphatischer Weise zivilisations-kritisch begegnet wurde. Der Vortrag zeigte auf, dass
Goethe in der Nachfolge Rousseaus Bilder von einer Natur gestaltet, in der der Mensch – im pantheistischen Verständnis –
ein Teil von ihr ist; diese Suche nach Naturunmittelbarkeit findet sich allerorten.
In den Leiden des jungen Werthers sucht der Protagonist in Wahlheim das Landleben, dem im zweiten Teil
die marionettenhafte Lebenswelt am Hofe gegenübergestellt wird. Herder schickt Goethe ins Elsass, um Volkslieder zu
sammeln, die sie der gestelzten Gelehrtenlyrik entgegensetzen, der ‚edle Wilde‘ wird gesucht, auf den Alpen oder in der
Südsee; es wird geritten und gewandert – nicht allein in den Texten – das Straßburger Münster wird bestiegen, der weiten
Landschaft wegen, und die Frauen, denen Goethe und seine Helden nachstellen, ob sie nun Friederike, Lotte, Klärchen oder
Gretchen heißen, sind unverbildet, gerade weil sie aus einfachen Verhältnissen kommen.
Wie gekonnt Natürlichkeit in den Texten des Sturm und Drang hergestellt, ja inszeniert wird, zeigen exemplarisch die
Sesenheimer Gedichte. In dem Briefgedicht, das Goethe an die Pfarrerstochter Brion schreibt, um ihr seine Liebe
auszudrücken, ist zunächst und bis in die zweite Hälfte des Textes hinein ‚nur‘ von der Feier eines Naturerlebnisses, des
Maifestes, die Rede. Der Liebende ist erfüllt von dem, was ihm bei schönstem Sonnenschein auf der „Flur“
begegnet; ob es die „Blüten“ der Blumen oder die „tausend Stimmen“ der Vögel „aus dem Gesträuch“ sind,
das Ich erlebt sich als Teil dieser Natur, die als Gott-Natur den Menschen mit umfängt. „Die volle Welt“ ist
eine in Liebe verbundene; da dies so ist, erscheint auch die Zuneigung zu seinem
Mädchen als naturnotwendig: Wie er sie begehrt, „so liebt die Lerche / Gesang und Luft
/ Und Morgenblumen / Den Himmelsduft“.
Am Beispiel der Gedichte Mailied und Ganymed konnte veranschaulicht werden, wie
das lyrische Ich diese Natur-Gott-Verbindung sucht und letztendlich findet („umfangend umfangen“ heißt es im Ganymed). Natur
wurde nicht allein Gegenstand der Dichtung, sondern sie war auch essentiell, wenn es um die ästhetische Vergegenwärtigung
dieser Unmittelbarkeit im Volksliedtone ging: Ein komplexes Wechselspiel teilt sich in einer einfacher Sprache mit. Goethe
erweist sich hierin als Meister, als ein (Natur-)Genie. Die Texte Goethes und seiner Freunde um 1770 sind kulturgeschichtlich
immens bedeutsam, da die Naturinnigkeit, wie sie in der (Erlebnis-)Dichtung des Sturm und Drang erfahren und eingefordert wird, für den modernen
Menschen kaum noch erlebbar ist: Goethes ‚Kampf‘ gegen die Unnatur ist aktueller denn je!
UH
Donnerstag, 18. Juni, Prof. Dr. Volker Hesse (Berlin)
Goethe im Netzwerk der Naturwissenschaften
Mit seinem Vortrag will Volker Hesse erneut Goethes enormes Interesse an den Naturwissenschaften verdeutlichen. Als Verantwortlicher für
den Ilmenauer Bergbau beschäftigte er sich u. a. mit der Geologie und der Mineralogie, doch insbesondere mit der Chemie, da ohne diese
Mineralogie nicht zu verstehen sei. Die Chemie ist immer noch meine heimliche Liebe“ schrieb er in einem Brief 1770 an seine Freundin
Susanna Katharina von Klettenberg. Den Weg zur Chemie hatte ihm paradoxerweise eine lange Krankheit im
Jahre 1768 eröffnet, während der ihm sein Arzt Dr. Johann Friedrich Metz nicht nur alchemistische Medizin
verabreichte, sondern ihm gleichzeitig als ergänzende Therapie die Lektüre von alchemistisch-chemischer
Literatur vorschlug. Der Patient erfreute sich baldiger Genesung und begann sich auch aktiv mit chemischen
Experimenten auseinanderzusetzen. Die Chemie begleitete Goethe auch während seiner gesamten Weimarer
Zeit, eigentlich bis an das Ende seines Lebens. Der Dichter und Staatsmann suchte hier mit Vorliebe die Gesellschaft von
Chemikern und unterstützte in jeglicher Hinsicht die sich rasant entwickelnde Wissenschaft. Einer von Goethes großzügig
unterstützten Chemikern, Johann W. Döbereiner, entdeckte u. a. die Rolle von Platin als Katalysator und erfand auf
Grundlage dessen das bis heute benutzte Feuerzeug.
Die Physik faszinierte ihn schwerpunktmäßig unter dem Aspekt der Farbenlehre. So gehörte Goethe zu den ersten Menschen, die
1804 von der Entdeckung des ultravioletten Lichtes durch den Jenaer Physiker Johann Wilhelm Ritter
erfuhren. Von diesem hat er sich wenige Tage zuvor diese revolutionäre Entdeckung in seinem Haus zeigen
lassen. Ferner war Goethe intensiv mit der Botanik verbunden, hier besonders auch durch sein Suchen
nach der Urpflanze
- der Urform, aus der alles hervorgeht. Über die Wahrnehmung der Zoologie gelangte er zur Lehre von dem
Menschen. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt - in Zusammenarbeit mit dem Jenaer Anatomen Justus
Christian Loder - war hierbei die vergleichende Anatomie. 1784 trug er durch die Entdeckung des
Zwischenkieferknochens, des Os Goethei, mit zum wissenschaftlichen Fortschritt bei.
Die Entdeckung von Friedrich Wöhler (1828), dass aus anorganischen Substanzen, durch chemische Umwandlung, eine
organische Substanz entstehen kann, beeindruckte Goethe so, dass er diese Erkenntnis  
später mit in die Homunkulus-Szene des Faust II integrierte.
Die Wetterlehre, zu der er eine eigene Schrift verfasste, interessierte ihn wie auch die Luftfahrt.
Bereits 1784 startete Goethe mit dem Apotheker Wilhelm Heinrich Buchholz in Weimar einen
Heißluftballon. Goethe betrieb auch meteorologische Studien und gab auf diesem Gebiet wichtige Impulse. Er nahm
Windmessungen vor und versuchte durch Aufzeichnung und Analyse von verschiedenen Luftdrucksituationen dem Entstehen
des Wetters auf die Spur zu kommen. Der Meteorologie als Naturwissenschaft widmete sich Goethe explizit - im wesentlichen
jenseits des 65. Lebensjahres - mit Schriften zur Howardschen Wolkenklassifikation, seinem posthum veröffentlichten
„Versuch einer Witterungslehre", aber auch mit Wolkentagebüchern, für die er zahlreiche Zeichnungen anfertigte sowie
mit der Einrichtung und Betreuung eines meteorologischen Beobachtungsnetzes im Großherzogtum
Sachsen-Weimar-Eisenach. Besonders faszinierten ihn die Sterne.
Mit dem Fernrohr nahm er Mondbeobachtungen vor und machte sich Gedanken über die
Nebelsterne (Galaxien) des Alls. (Literarisch finden wir seine Betrachtungen zum Mond
besonders auch in seiner Mondlyrik). Hervorgehoben wurde in dem Vortrag auch der
Einfluss Goethes auf die Wissenschaftsorganisation an der Jenaer Universität, wo er als
“Wissenschaftsminister“ – so der Referent – zur Neueinrichtung von Lehrstühlen in der
Chemie, Botanik und Mineralogie beitrug.
Donnerstag, 16. Juli, Dr. Thomas Schmuck (Weimar)
Goethes Gespräch mit der Erde
In seinem Vortrag gibt Dr. Thomas Schmuck, der neue Leiter von Goethes naturwissenschaftlichen
Sammlungen, uns zunächst einen durch zahlreiche Bilder veranschaulichten Einblick in Goethes
geowissenschaftliche Studien und die im 18. Jahrhundert gängigen Theorien zum inneren Aufbau der
Erde. In kaum einer anderen Epoche sammelte man so begeistert Mineralien, Gesteine und Fossilien
wie in der Goethezeit. Entstehung, Aufbau und Alter der Erde sind damals Fragestellungen von
allgemeinem Interesse und Ausgangspunkt häufig kontrovers geführter Debatten, die auch in jährlich
erschienenen Monographien abgehandelt werden. Allein in Goethes Privatbibliothek finden sich rund
400 einschlägige Titel zu den Themen Bergbau, Mineralogie, Geologie, Paläontologie, Gemmologie und
Kristallographie. Seine aus dieser Lektüre gewonnenen Kenntnisse ermöglichen ihm, die eigene
bedeutende petrographische, also felsenkundliche Sammlung systematisch auszubauen und nach
erdgeschichtlichen Gesichtspunkten zu ordnen. Seine Steinsammlung bestand aus 17.800 Fundstücken, die er teils selbst in
fünf Jahrzehnten zusammentrug oder die man ihm geschenkt hatte.
Goethes mineralogisches Netzwerk spannte sich über ganz Europa. Einer der einflußreichsten Geologen
seiner Zeit war Abraham Gottlob Werner, Dozent an der Freiberger Bergakademie, zu dessen Schülern
Alexander v. Humboldt, Novalis und viele andere gehörten. Nach Werners Vorstellungen ordnete Goethe daher
seine mineralogischen Sammlungen. Als ältestes und grundlegendes Gestein galt beiden der Granit, quasi das
Urgestein. Werner und Goethe waren sogenannte Neptunisten. Nach deren Vorstellungen war die Erde einst
von einem Ur-Ozean bedeckt, in dem alle Mineralien und Gesteine gelöst waren. Der Meeresspiegel und die
Gesteine setzten sich in Jahrtausenden als Sedimente ab, geschichtet nach ihrem Alter: zuunterst der Granit, dann immer jüngere
Gebirgsarten. Im Gegensatz dazu stand damals die Lehre des Plutonismus oder Vulkanismus, nach deren Auffassung die Gesteine
ursprünglich von vulkanischen Kräften herrühren.
Goethe versuchte, Werners Theorie weiterzuentwickeln. So sah er etwa  im Zinn ein Ur-Metall. Er sammelte Gesteine der Zinn-
Formationen und andere Metalle, die in den Schränken vor seiner Bibliothek immer griffbereit lagen. Von seinen rund 7000
Büchern behandelten allein 400 die Geowissenschaften.
Der Referent vermittelt uns sodann einen anschaulichen Einblick in den Schwerpunkt
der geologischen Studien Goethes: Seine Lieblingssteine waren - wie oben erwähnt -
Granite, im Gestein Granit sah Goethe die steinerne Symbolik der Heiligen Dreifaltig-
keit – dargestellt in Form der aufbauenden Minerale Feldspat, Quarz und Glimmer.
BS
Donnerstag, 13. August, Dr. Hans-Georg Bartel (Berlin)
Goethe und der Wandel der Chemie zur exakten Naturwissenschaft um 1800
Wie wir ja schon im Juni gehört hatten, studierte Goethe gemeinsam mit Susanna
Katharina von Klettenberg bereits als 19-Jähriger in den Jahren 1768 bis 1770
alchemistische und pansophische Werke sowie die Quellen, auf die sie sich beriefen:
Paracelsus, Basilius Valentinus van Helmont, sowie George Starkey und begann mit
eigenen alchemistischen Experimenten zur Herstellung von Salzen und Kieselsaft.
Während seines Jurastudiums in Straßburg hört er auch chemische Vorlesungen; nahezu
alles war damals neu und spektakulär. Im Laufe der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
hatte sich die vorwiegend spekulative Alchemie in eine experimentelle Wissenschaft verwandelt. Zahlreiche Elemente wurden entdeckt – so etwa durch
den Chemiker Georg Ernst Stahl Natrium ( im Kochsalz als besonderes Alkali ), ferner Platin (1750), Nickel (1751), Wasserstoff (1769), Chlor (1769),
Sauerstoff (1771), Stickstoff (1772), Mangan (1774), sowie Wolfram, Tellur und Chrom.
Die Chemie des 18. Jahrhunderts war ein Teil der Naturlehre; an den Universitäten wurde sie vorwiegend im Rahmen der Medizin und Pharmazie
betrieben; chemische Stoffe wurden, je weiter die Erkenntnisse gediehen, immer mehr zu gewerblichen Produkten entwickelt und als solche gehandelt.
Natürlich nahm Goethe, dessen heimliche Liebe die Chemie erklärtermaßen von Jugend an war, auch auf diesem Gebiet an allen Entwicklungen durch
intensive Lektüre und Experimente teil.
Der Referent, langjähriger Dozent an der HU, entführt das Auditorium in Interessenssphären unseres Dichters, von denen die meisten im
noch nie etwas gehört haben. Wir machen die Bekanntschaft von rund zwei Dutzend Chemikern, von denen Goethe durch die Lektüre ihrer
Werke grundlegende Kenntnisse erwarb; Zeitgenossen, mit denen er zusammen arbeitete und Erkenntnisse austauschte und
solche der jüngeren Generation, deren Fortbildung er betrieb, sodaß er auch im hohen Alter noch auf dem neuesten
Forschungsstand war.
So berichtet er etwa von der falschen aber wegweisenden Phlogiston-Theorie. Phlogiston war eine von Georg Ernst Stahl
eingeführte hypothetische Substanz, von der man im späten 17. und im 18. Jahrhundert vermutete, daß sie allen brennbaren
Körpern bei der Verbrennung entweiche sowie bei Erwärmung in sie eindringe. Bei der Deutung von Reduktions- und
Oxidationsvorgängen verschiedener Verbindungen war dies aus Sicht der Zeitgenossen von Bedeutung. Die seinerzeit
herrschende chemische Lehre, der Goethe im übrigen damals angehörte, wurde allerdings überwunden und ersetzt,
sobald man Gase entdeckte wie Sauer-, Stick- und Wasserstoff, ferner – so der Referent – eroberte Mitte des 18.Jahrhunderts die
Quantität
( also die Mathematik) und die Lehre von Atomen und chemischen Elementen damals die Chemie. Wir vernehmen zahlreiche Zitate
Goethes aus seinen naturwissenschaftlichen Schriften, von denen wir bis dato noch nie gehört haben.
Sein wichtigster Berater in allen Fragen die Chemie betreffend war seit 1777 der Weimarer Apotheker und Hofmedikus
Wilhelm Heinrich Sebastian Buchholz, den er 1796 in den Tag- und Jahresheften erwähnt: In der Freitagsgesellschaft,
die Goethe in den 90er Jahren ins Leben gerufen hatte und beschreibt als eine Gesellschaft hochgebildeter Männer, welche sich
jeden Freitag bei mir versammelte – fuhr Dr. Buchholz fort, die neuesten physischen und chemischen
Erfahrungen mit Gewandtheit und Glück vorzulegen. Buchholz berichtete nicht nur über neue Ergebnisse
aus der Welt des chemischen Wissens dieser Zeit, sondern führte auch Experimente vor.
Die rechte Hand von Buchholz in der Hofapotheke war der junge Friedrich August Göttling, der ab 1785
mit Hilfe eines Stipendiums des Herzogs Carl August an der Georg-August-Universität Göttingen
Naturwissenschaften studiert und Reisen in die Niederlande und nach England unternahm. 1789 ernannte
ihn Goethe zum außerordentlichen Professor für Philosophie mit Lehrauftrag für Chemie an der Universität
Jena. Im gleichen Jahr wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Göttling setzte sich
– mit Goethes Hilfe – konsequent für den akademischen Chemie-Unterricht an Schulen und Universitäten ein
und befreite die Chemie somit aus ihrer bisherigen Rolle als „Dienerin von Pharmazeutik und Medizin“
Es werde nicht so von den Arbeiten des Naturforschers und Chemikers Goethe vorrangig die Rede sein, so hatte der Referent zu Beginn
vorausgeschickt, im Fokus des Vortrags stünde vielmehr dessen Stellung und Verhalten in der Epoche um 1800, also seiner Lebenszeit, in
der die Chemie von einer »Experimentalkunst«
(KANT)
zu einer exakten Naturwissenschaft wurde, in der die Quantität (Mathematik) und die
Lehre von Atomen und chemischen Elementen (im modernen Sinne) die Chemie erobert, die letzteren in eine Ordnung zu bringen suchte
und durch eine »Verwandtschaftslehre« Verbindung und Lösung bei chemischen Reaktionen erklärte. Aus der Chemie der 70ger Jahre
stammt im übrigen auch der wissenschaftliche Begriff der Wahlverwandtschaft.
Goethe soll ihn durch die Entdeckung des schwedischen Chemikers Olof Torbern Bergman kennengelernt haben, der als erster
zwischen organischen und anorganischen Stoffen unterschied. Dieser beschrieb 1775 in seiner Abhandlung De attractionibus
electivis das Phänomen, daß bestimmte chemische Elemente bei der Annäherung anderer Stoffe ihre bisherige Verbindung lösen und sich
mit diesen neu eingetretene Elemente eben "Wahlverwandtschaftlich" vereinigen. Der schwedische Wissenschaftler
stellte die Eigenschaft zweier chemischer Körper dar, von denen der eine oder beide anderweitig verbunden sind, sich
aber trennen und mit anderen vereinigen. Seit den siebziger Jahren gewann auch in Deutschland die Frage nach der
Entwicklung experimenteller Methoden für eine quantitative Bestimmung von Affinitäten an Aktualität. Es entstand der
Gedanke ,,Auflösungsgeschwindigkeiten“ zu messen. Der Vorschlag kam von dem Freiberger Chemiker Carl Friedrich
Wenzel, der in seinem 1777 in Dresden erschienenen Buch Lehre von der Verwandschaft der Körper ein genaues
Programm zur Durchführung derartiger Versuche vorlegte. Schließlich beschrieb Wenzel in allen Einzelheiten einen
Versuchsaufbau, der die Messung von Auflösungsgeschwindigkeiten erlauben sollte. Darin finden sich alle
wesentlichen Bedingungen vermerkt, die die Geschwindigkeit eines chemischen Prozesses beeinflussen, die
Temperatur, die Konzentration der Säure und ihrer Menge, die Oberfläche des aufzulösenden Metalls und
nicht zuletzt die Notwendigkeit genauer Zeitmessung. Die Tendenz der chemischen Körper zur Trennung
und Vereinigung übertrug Goethe bekanntlich in seinem 1809 veröffentlichten Roman
Die Wahlverwandschaften in die Welt der menschlichen Beziehungen.
Der Vortrag zeigte nicht allein, wie weitumfassend Goethes Interessen als Dichter und Naturwissenschaftler
waren, sondern zugleich, daß und wie sehr er eingebunden war in die Genese eines Fachs um 1800, das sich von der Alchemie, der
Goethe selbst in jungen Jahren noch anhing, nun zu einer auf empirisch-experimentellen Grundlagen basierenden Wissenschaft
entwickelt hatte, die zu allgemeinen Gesetzesaussagen und neuen Erkenntnissen führte.
Durch Goethes gesamtes Leben ziehen sich das Interesse und auch die eigene experimentelle Beschäftigung mit der sich seit dem
Ende des 18. Jahrhunderts zur Wissenschaft entwickelnden Chemie. Auch über seine Versuche mit den Farbstoffen in
Pflanzenextrakten, deren Chemie erst in unserem Jahrhundert aufgeklärt wurde, wurde im Vortrag berichtet.
Goethe nahm Anteil an dieser Entwicklung nicht allein als experimentierender Chemiker, sondern auch als informierter
Gesprächspartner und weitsichtiger Politiker, als der er in Jena einen ersten Lehrstuhl für Chemie einrichten ließ. Und auch auf
diesem wissenschaftlichen Gebiet erweist sich, was Goethe besonders auszeichnet (wenngleich der Vortragende nur am Rande
darauf einging), die Suche nach dem engen Konnex von Wissenschaft und Kunst – und so ließ er auch seine die Chemie
betreffenden Erkenntnisse in seine literarischen Werke einfließen (z. B. in die Wahlverwandtschaften oder in Faust II). BS/UH
28. August, Goethe 271. Geburtstag in Krongut Bornstedt/ Sanssouci
Ursprünglich hatten wir Goethes Geburtstag in Paretz feiern wollen samt einem Besuch im dortigen Schloß,
der Sommerresidenz der ihm so sehr geschätzten Königin Luise mit einem Beisammensein im Gotischen Haus
und bei vertonten Goethe-Gedichten zum Jahresthema Natur, dargeboten vom Duo von emozione, das eigens
für diesen Anlaß bereits ein Programm zusammengestellt hatte. So besprochen und geplant im Februar 2020.
Als es dann im Mai an die Feinabstimmung ging, war die Welt eine gänzlich andere geworden; in zahlreichen
Telefonaten ging es nun nur noch um Hygienekonzepte, Abstandhalten, verminderte Besucherzahlen bei erhöhten Saalmieten sowie Mund-
und Nasenschutz beim Wandern durch das Schloß.
Kurz darauf war dann zudem plötzlich von gefährlichen Aerosolen die Rede, die insbesondere beim
lauten Singen eine Gefahr darstellten. Kurzum, eine festliche Stimmung wollte sich partout nicht
einstellen, doch Goethes Geburtstag ausfallen zu lassen, kam ja nun gar nicht in Betracht. Wenn nun
Gesang nicht in Frage kam, was dann? Leicht verzweifelt googelte ich : Goethe – Lesung – 2020
Auf dem Monitor erschien plötzlich dieser Herr hier, den wir inzwischen kennen und schätzenlernen konnten: Joachim Berger,
Ensemble-Mitglied des Potsdamer-Hans-Otto-Theaters, der in einem einstündigen Internet-Video vor leerem Saal zu Pfingsten
Goethes Reineke Fuchs vortrug. Drei Stunden später erwischte ich ihn irgendwo telefonisch unterwegs und fragte, ob er wohl Lust
hätte, den Reineke auch vor Publikum vorzutragen, kurzum vor den Berliner Goetheanern. Er erwiderte: Sie meinen, vor lebenden
Menschen? Aber gewiß doch, und wie gerne. Abgemacht – unter Medienleuten geht so etwas verbindlich am Telefon. Nun galt es
nur noch, einen geeigneten Ort zu finden, so groß, daß eigentlich 130 Menschen darin Platz hätten, denn 65 Mitglieder wollten
sicher den 28. 8. mitfeiern. Da Herr Berger an diesem Tag bis 14 Uhr Proben hatte, kam eigentlich nur Potsdam und Umgebung in
Betracht und was lag da näher als Sanssouci, dem Goethe 1778 ja immerhin einen - wenn auch nur kurzen - Besuch abgestattet hatte.
Nachdem man im Palmenhaus der Historischen Mühle, wo wir 2012 gefeiert hatten, bedauernd die Schulter zuckte: Sehr gern, normaler-
weise 100 Gäste, nun aber leider nur 50 und Buffet ginge gar nicht, Sie wissen ja, Corona – aber versuchen Sie´s doch mal im Krongut.
Beim Blick ins Internet schöpfte ich Hoffnung; Platz gab es in Bornstedt offenbar reichlich; schließlich richtete man dort – normalerweise
– laufend große Feiern aller Art aus oder hatte das jedenfalls bis zum Lockdown getan. Allein schon der Name ließ hoffen: Ein Krongut
würde doch wohl souverän mit einem Corona getauften Virus umgehen können. Goethe, der unter diesem Namen nur Corona Schroeter,
jene von ihm verehrte Schauspielerin und Sängerin kannte, die er aus Leipzig ans Weimarer Theater geholt hatte, hätte zu der Idee, Viren
mit dem Begriff Krone zu versehen, sicher nur gereizt gemurmelt: Das statuiere ich nicht!
Tatsächlich ging nun alles fast reibungslos; eine für den 28.August angesetzte Hochzeit war
kurz zuvor verschoben worden; als geschlossene Gesellschaft mit bekannten Teilnehmern sei auch ein Buffet
möglich; auch Kaffeetrinken draußen mit Blick auf den See, wenn das Wetter mitspiele. Es könne natürlich sein,
daß es etwas knirsche, da sich die Hälfte der Belegschaft im Home-Office befände.
Und besonders gepflegt sähen die Grünanlagen mit den sonst blühenden Rosen auch nicht
aus. Aber mit der Straßenbahn
und mit dem Bus sei das Krongut
erreichbar. Ach ja: Maskenpflicht bestehe nur beim
Anstehen zum abendlichen Buffet. Ich erbat umgehend
die Übersendung eines Kostenvoranschlags; der Goethe-
Geburtstag 2020 war gerettet.
Goethe-Geburtstag, 28. 8. 2020
Gemeinsames Kaffeetrinken am See
Nachdem alle eingetroffen waren und sich gestärkt hatten, folgte der erste Teil des Geburtstagsprogramms, die
Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Prof. Volker Hesse für sein langjähriges vorbildliches Wirken im Vorstand und in Anerkennung seiner
vielfältigen Anregungen und seiner zahlreichen Vorträge.
Im Anschluß begaben wir uns in die Weinscheune und hatten nunmehr das Vergnügen, der launig vorgetragenen Lesung von
Joachim Berger, zu lauschen, der den Reineke Fuchs samt der dort agierenden Protagonisten vielstimmig zum besten gab und mit
freudigem Applaus belohnt wurde.
Nach entspanntem Schlendern übers Krongut-Gelände erwartete uns ein wohlschmeckendes Abendbuffet samt traditionellem Anstoßen auf den Jubilar.
Masken wurden so gut wie gar nicht gesichtet alle waren froh über die Normalität, die nach diesen zwei Sommermonaten fast schon wiedergekehrt zu sein
schien. Doch erste Gespräche kündigten es an: Am herbstlichen Horizont winkten bereits – so verkündeten es jedenfalls die Medien täglich und stündlich –
bereits zweite Wellen, neue Normalitäten, Abstandsregeln und Kontakt-Beschränkungen. Am Abend es 28.8. kehrten wir allerdings frohgemut heim nach
einem gemeinsam verbrachten Goethe-Geburtstag ganz in alter Normalität, so – wie wir sie uns weiterhin wünschen.
Do. 3.9., Di. 8.9. und Do. 10.9. - Drei Leseabende zum Jahresthema Goethes Natur Leitung: Wolfgang Jorcke (Berlin)
Die seit langer Zeit bewährten drei „Lesenachmittage“ fanden in diesem Jahr unter der
Leitung von Wolfgang Jorcke am 3., 8. und 10. September im Garten von Frau Schubert,
der GG-Geschäftsstelle statt. Herr Jorcke richtete die Auswahl der zu lesenden Texte nach
dem Jahresthema „Goethes Natur“. Der erste Nachmittag war der Zeit des frühen Goethe
gewidmet, dessen Gedichte wie „Maifest“ sich mit dem neuen Ton deutlich von denen
älterer Autoren wie Barthold Hinrich Brockes oder Friedrich Gottlieb Klopstock ab-
hoben, von denen je ein Gedicht hier beispielhaft herangezogen wurde. Der neue Blick
spiegelte sich auch in den Eindrücken der Reise in die Schweiz von 1775 (so das Gedicht
„Auf dem See“) mit der Schilderung der dortigen „Natürlichkeit“ von Lebensweise und Pflege der Landschaft
und Natur. Diese Eindrücke finden sich, wenn auch aus zeitlicher Distanz,
im 9. Buch von „Dichtung und Wahrheit“.
Am zweiten Nachmittag stand die Sizilienreise von 1787 im Mittelpunkt, so das Thema
von Goethes Suche nach der Urpflanze im Botanischen Gartens zu Palermo in der
„Italienischen Reise“. Dies führte zu dem Gedicht „Die Metamorphose der Pflanzen“
(1815), dessen struktureller Aufbau und Gehalt eingehend diskutiert wurden. Zum
Thema der Methode wurden auch noch weitere Texte herangezogen wie „Anschauende
Urteilskraft“ von 1820 oder „Bedeutende Förderung durch ein einziges Wort“ von 1823.
Der dritte Nachmittag war der späten Natur- und Liebeslyrik Goethes gewidmet, etwa im „West-östlichen
Divan“, den „Chinesisch-deutschen Jahres- und Tageszeiten“ oder
den „Dornburger Gedichten“ von 1828, die unmittelbar nach dem
Tod des Herzogs Karl August entstanden. Als Kontrast zu Goethes
Gedichten zog Herr Jorcke eine Passage aus der „Genesis“ in
Luthers Übersetzung heran, mit dem Bericht über die Sintflut und
den anschließenden, versöhnlichen Regenbogen. Auf der Folie von
Andreas Gryphius ganz der Vergänglichkeit gewidmeten Gedicht
„Abend“ aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Lebenszugewandtheit der Gedichte Goethes besonders deutlich.
ME
Donnerstag 24. September, Dr. Helmut Hühn (Jena)
Goethes Morphologie und Metamorphosenlehre
Die zentrale Aussage des wissensgesättigten, klar strukturierten und sehr anschaulichen Vortrags
findet sich in den Worten Goethes aus dem Gedicht Urworte.Orphisch (1820), in dem die Rede ist von
der „Geprägte[n] Form, die lebend sich entwickelt“. Der Vortragende zeigt, dass Goethe Natur als
empirisches Phänomen vor allem in seiner Bewegung begreift, worauf auch die von ihm immer
wieder benutzten Begriffe (Abstoßung, Anziehung Widerspruch, Steigerung, Diastole, Systole usw.)
verweisen – allen voran der Terminus „Metamorphose“. Goethe entfalte ein Denken der
dynamischen Form, das die Momente der Geprägtheit und der Entwicklung miteinander vermittelt.
Seine Formtheorie trägt den Namen der „Morphologie“ – ein Begriff den Goethe in den 90er Jahren
– auch in den Gesprächen mit Friedrich Schiller – prägt: „Morphologie. Ruht auf der Überzeugung
daß alles was sey sich auch andeuten und zeigen müsse. Von den ersten physischen und chemischen
Elementen an, bis zur geistigsten Äußerung des Menschen lassen wir diesen Grundsatz gelten.“
Von der Erörterung des Konzepts der Morphologie aus blickt der Referent auf die Metamorphose-Gedichte. An dem Lehr-
Gedicht „Metamorphose der Pflanzen“ (1798) erläutert er, welche Bedeutung der Gestaltwandel sowohl beim
(wissenschaftlichen) Erkennen („reines“ oder „Urphänomen“) als auch beim (künstlerisches) Erfassen des Wahren (Symbol
oder „Stil“-Begriff) zukommt. Mit Blick auf das (Lehr-)Gedicht „Metamorphose der Tiere“ erkundet er die Idee einer
„beweglichen Ordnung“.
Die Metamorphosenlehre bildet ein, wenn nicht das Zentrum von Goethes phänomenologischem Denken, worauf er am Ende
seines Lebens in einem Brief ausdrücklich hinwies: „Was die Morphologie betrifft, so hab ich die Freude zu sehen, daß
forschende Menschen durch mich geleitet auch wohl auf eigenen Wegen sich in diesem Kreise höchst glücklich und
erschöpfend bemühen.“ (Goethe an August Herder, 7. Juni 1831)
UH
Donnerstag, 22. Oktober,
Prof. Dr. Friedrich Steinle (Berlin)
Goethes Farbenforschung im Kontext ihrer Zeit – Ein neuer Blick
In seinen naturwissenschaftlichen Arbeiten hat sich Goethe stets mitten in den Forschungen seiner Zeit gesehen und
mit großem Interesse bis ins hohe Alter die Beiträge der damaligen Wissenschaftler zur Kenntnis genommen sowie
vielseitige direkte Kontakte zu Naturforschern gepflegt, Diskussionen verfolgt, eigene Positionen entwickelt, Beiträge
geleistet, und Spuren hinterlassen, am deutlichsten vielleicht. in der Morphologie. Nur in der Farbenlehre soll das ganz
anders gewesen sein.
In seinen späten Jahren habe er, so berichtet Eckermann, jeden, der den Namen Newtons nannte, mit
Argwohn belegt und die Einschätzung getroffen, dass er in der Farbenlehre der einzige sei, „der das
Rechte weiß.“ Anders als in den anderen Feldern seiner Naturforschung war er offenbar gerade nicht Teil
eines breiteren Netzwerkes, sondern stellte sich isoliert gegen die Diskussionen seiner Zeit. So hat es auch
die Literatur bis heute dargestellt.
Im Vortrag stellte Steinle dieses Bild auf der Grundlage neuer wissenschaftshistorischer Arbeiten von zwei
Seiten her in Frage: zum einen zeigt sich, dass Goethe für seine experimentelle Arbeitsweise beste
Vorbilder in den Experimentalwissenschaften seiner Zeit hatte, sie also keinesfalls exotisch oder denen der
Naturwissenschaft entgegengesetzt war, wie es bisweilen präsentiert wird.
In seinen methodischen Aufsätzen übernahm er bis in die verwendeten Begriffe hinein Positionen, die
beispielsweise in der französischen Encyclopédie ausformuliert waren. Zum anderen zeigt ein Blick auf
die höchst dynamische Entwicklung der Farbenforschung des 18. Jahrhunderts, wie markant sich hier
eine Diskrepanz zwischen der praxisbasierten Dreifarbenlehre einerseits und der physikalischen Licht-
und Farbtheorie der Physiker andererseits manifestierte, die sich für die Praxis als untauglich erwies.
Der Konflikt fand bisweilen höchst polemische Ausdrucksformen, wie etwa in der Gegenüberstellung
der Newtonschen zu den „wahren“ experimentellen Resultaten durch den jesuitischen Gelehrten Louis
Bertrand Castel (1740, s. Abb. 1). Indem in der zweiten Jahrhunderthälfte die Polemik zugunsten eines diskussionslosen
Nebeneinanders verstummte und die Dreifarbenlehre mathematisiert wurde (am markantesten in der
„Farbenpyramide“ des Berliner Akademiegelehrten Johann Heinrich Lambert zu erkennen), blieb der
Zustand der Farbenlehre bis 1800 fragmentiert. Und hier, so Steinles These, lag der Ansatzpunkt von Goethes
Farbenlehre: sein Ziel lag darin, die Fragmentierung aufzuheben und eine einheitliche, alle
Erscheinungsbereiche umfassende Farbenlehre zu schaffen.
Sein sechsteiliger Farbenkreis war das Emblem dafür, und mit dem von ihm stark betonten sog. umgekehrten
Spektrum konnte er die Brücke zur physikalischen Farbtheorie herstellen: Dieses durch konsequente
Invertierung von Schwarz und Weiß, Licht und Schatten, experimentell erzeugte Spektrum weist zum
Newtonschen Spektrum komplementäre Farben auf, und erst mit diesen konnte ein auch für die Praxis
tauglicher Farbenkreis erreicht werden. Dass es Goethe gelang, dieses Spektrum nicht nur mit (von ihm ‚subjektiv‘ genannten)
Durchsicht-Experimenten, sondern auch mit („objektiven“) Projektionsversuchen herzustellen (Abb. 3), sah er als großen Erfolg für die Verbindung
zwischen physikalischer und praxisbasierter Farbenlehre an. Unter der Perspektive dieses Syntheseziels war die Polemik gegen Newton, die in der
Rezeption so viel Aufmerksamkeit erfuhr, eher zweitrangig.
Schließlich wies Steinle noch auf den historischen Umstand hin, dass Goethe mit einem solchen Ziel um
1800 keineswegs allein war, sondern es gleich mehrere Unternehmungen in diese Richtung gab: vom
Pariser Zoologen Jean B. Lamarck, vom bayerischen Hofmaler Mathias Klotz, vom englischen Porträt-
maler James Sowerby und vom Londoner Augenarzt und Universalgelehrten Thomas Young. So
unterschiedlich und bisweilen unvereinbar diese Unternehmungen sich auch ausnehmen (Young hat sich
bekanntermaßen höchst despektierlich über Goethes Unternehmung geäußert), so waren sie doch alle
getragen von der Unzufriedenheit mit der Fragmentierung der Farbenforschung und dem Bestreben,
diese zu überwinden. Womit diese Häufung von Syntheseversuchen um 1800 zu tun hat, ist eine offene
historische Frage. Deutlich ist aber, dass sich Goethe auch in dieser Hinsicht mitten in der
Farbforschung seiner Zeit befand.
FS
Donnerstag, 19. November - Prof. Dr. Jochen Golz (Weimar) - Natur und Geist in Goethes späten Gedichten verschoben auf 2021
Donnerstag, 10. Dezember - Beate Schubert (Berlin) - Der Pantheist Goethe verschoben auf 2021
Goethe Gesellschaft Berlin e.V.- Jahresrückblick 2021
Epochenumbruch um 1800 in Goethes Leben und Werk
Donnerstag 3. Juni, 16 Uhr im Garten der Geschäftsstelle (Ursprünglich 28.1.)
Prof. Dr. Uwe Hentschel (Chemnitz/Berlin)
Zu den Umbruchs- und Krisenerfahrungen um 1800
Corona-bedingt, konnten wir erst nach fünf Monaten Lock-Down Anfang Juni mit den Jahres-Programm beginnen; dadurch, daß einige Vorträge  
sowie die Lesenachmittage im Sommer in den Garten verlegt wurden und wir zwei Doppel-Events durchführten, konnten alle angekündigten
Veranstaltungen stattfinden.
Das Ziel seines Vortrages bestand für Uwe Hentschel darin, den Nachweis zu führen, daß auch die Deutschen, die bis ins 19.
Jahrhundert hinein unter vormodernen, ja mittelalterlichen Verhältnissen lebten, von dem Epochenumbruch um 1800 erschüttert
worden sind. Sieht man einmal ab von den Städten Wien, Leipzig, Berlin und Hamburg, mußten die Deutschen ihre Erfahrungen
modernen Lebens in England und Frankreich sammeln. Und so gab es in der Folge viele Reisende und mithin Reiseberichte, in die
die Modernitätserfahrungen Eingang gefunden haben. Auf den Nachweis, daß der Umbruch, der sich vor allem mit der
Französischen Revolution verbindet, auch bei den Deutschen angekommen ist, fußt der entscheidende Gedanke einer modernen
Literatur, welche sich den (vermittelten) Umbruchs-Erfahrungen stellt. Der Referent versuchte, anhand von fünf Schwerpunkten
diese konkret auszuweisen.  
Dabei handelt es sich um die Doktrin des Nützlichen, die am Ausgang des 18. Jahrhundert
immer stärker um sich griff, um Tendenzen der Urbanisierung, um das Phänomen
Französischen Revolution, um den spürbar werdenden Mobilitätsaspekt, um die
zunehmende Rationalisierung und Spezialisierung in den Wissenschaften und um die
Entstehung eines modernen Buchmarktes. Die Literatur übernahm zwar in dieser Zeit der
Verunsicherung und des Aufbruchs eine wichtige Funktion als Informationsquelle, Orientierungshilfe und Sinngeber.
Doch Uwe Hentschel veranschaulichte auch durch exemplarische Briefzeugnisse der Zeit, daß viele Menschen vor diesen Herausforderungen zurückschreckten.
Sie waren verunsichert und wünschten sich zurück in eine Sekurität ermöglichende Vormoderne; nicht wenige suchten den Aufbruch, kämpften für eine
Liberalisierung des Lebens, setzten auf Machtteilhabe. Und er suchte zu verdeutlichen, was Goethe, Zentralgestalt der deutschen Literatur in dieser Zeit,
aufnahm von all diesen Veränderungen und welche Antworten er seinen Zeitgenossen angesichts der Brüche, Verwerfungen und Neuerungen geben konnte. Da
wir uns heute, 200 Jahre später, wieder in einer Zeit des Umbruchs und der Krisenerfahrungen befinden (Digitalisierung, Naturvernichtung versus-bewahrung,
Epidemien usw.), lauschte das open-air Auditorium, nach Monaten des Lock Downs, ganz ohne Mund und Nasenschutz und unter Vogelgezwitscher,
aufmerksam seinen Ausführungen.                                                                                                                                                    U.H.          
3. Juni, 18.30 Uhr Rudolf-Steiner-Haus (ursprünglich 18.2.)
Beate Schubert (Berlin)  
Der Student Goethe inmitten der Epochen
(Zeitraum 1765- 1768)
Unterlegt mit zahlreichen farbigen Bildern, veranschaulichte Beate Schubert, wie intensiv
sich der junge Goethe zwischen 1755 da war er gerade einmal sechs Jahre alt und
1770 mit den diversen Strömungen seiner Gegenwart auseinandersetzte und wie er diese in
seinem Frühwerk verarbeitete. Von kaum einem prominenten Zeitgenossen des 18.
Jahrhunderts wisse man so viel über Kindheit und Jugend wie bei Goethe. Dies verdankt man
bekanntlich seiner Autobiographie Dichtung und Wahrheit, in der er nun natürlich bewertend und einordnend
aus dem Abstand eines halben Jahrhunderts einzelne Geschehnisse und Erlebnisse schildert und en detail
berichtet, in welchem familiären und gesellschaftlichen Umfeld er sich als Heranwachsender inmitten der
Frankfurter und Leipziger Geschehnisse im Übergang vom Barock zu Rokoko und Aufklärung bewegte.  
Gleich zu Beginn seines Studiums in Leipzig (Herbst 1765 August 1768), versetzt er etwa seine gesamte
altfränkische Garderobe solider Tuchanzüge beim Trödler und verwandelt sich zum Stutzer mit Degen und
Jabot. Quasi im Epochen-Umbruch über Nacht adaptiert er ergo den an der französischen Adelskultur
orientierten galanten Lebensstil von Klein Paris”.
Kurz darauf die nächste Zäsur: Der Beginn des Literatur-Studiums mit 16 Lenzen in dem damals vom
Rokoko geprägten Leipzig, in dem Gellert und Gottsched noch ihre veralteten Literatur-Vorlesungen halten,
die ihn allerdings ungemein enttäuschen.   
Wenig später wird er unversehens durch seinen Zeichenlehrer Adam Oeser   
konfrontiert   mit Johann Joachims Winckelmanns Schriften und der Antike. Während er in der freien Natur
nach eigener Manier unter Absage des Muschel- und Schnörkelwesens zeichnet, richtet er
gleichzeitig noch zierliche anakreontische Gedichte an seine Leipziger Liebe Kätchen
Schönkopf.  
Wenig später verbrennt er allerdings im Herd einen Großteil seine frühen Manuskripte;
der tändelnden Lyrik folgen leidenschaftliche Episteln an den vertrauten Freund Behrisch, die bereits den Sturm und Drang ahnen lassen.
                                                                                                                                                                           
                                                                                                            
Nach gesundheitlichem Absturz und Heimkehr ins Frankfurter Elternhaus ohne Studienabschluß folgen 1768/69 Monate
schwerer Krankheit, geprägt von Depressionen in der Dachmansarde. In dieser Zeit setzt sich Goethe intensiv mit der Epoche
der Früh-Renaissance auseinander und studiert esoterische Schriften etwa des Paracelsus und die Kabbala. Doch vor allem
verschlingt er in diesen Monaten nahezu alle Werke des von ihm bewunderten Shakespeare, den er nun auch- mit Wielands
Übersetzung zum Abgleich in der englischen Ausgabe liest.  Nunmehr mit 20 faßt er den Entschluß, auch derartige Dramen
zu verfassen mit Protagonisten, die einen ausgeprägten Charakter besitzen, in denen es um Recht und Unrecht geht und um Gut
und Böse, etwa Gottfried von Berlichingen, dem mittelalterlichen Ritter mit der eisernen Hand. Außerdem schwebt ihm da als
möglicher Protagonist jener historische ominöse Dr. Faustus vor, ein Gelehrter der Früh-Renaissance, der mit den Philistern
seinerzeit und ihren eingeschränkten Denkschemata ohnehin nichts mehr am Hut hat und mit dem Teufel eine Wette abschließt.
Verraten wird er diesen Plan vorerst niemandem, nicht einmal dem protestantischen Theologen Johann Gottfried Herder in
Straßburg, mit dem er sich während der Straßburger Studienzeit anfreundet. Dieser, ganz seiner Epoche verhaftet, sucht
ihn für Volks- und Naturpoesie, für Homer und Ossian zu interessieren. Goethe ist begeistert bei der Sache, wohnen doch
in seiner Brust ohnehin zwei Seelen. Die Idee, ein Drama über den historischen Dr. Faust zu verfassen, wird er erst
einmal ganz mal ganz für sich behalten, scheint dieser doch so gar nicht in die derzeitige Epoche des Sturm und Drang zu
passen.                                                                                                                        B.S.                                                                                                   
                                                                                          5. Juli, 18 Uhr (ursprünglich 18.3.)
                                                                                          Prof. Dr. Dirk von Petersdorff  
                                                                                         Goethe im Sturm und Drang (1770-1774)
Natur wurde um 1770 zu einem emotionalen und emphatischen Begriff, mit dem man erstmals vehement Kritik an der rationalen
Aufklärung und ihrer Fortschrittsbegeisterung übte. Zu den entschiedensten Verfechtern dieser Naturzuwendung gehörte Goethe; im
pantheistischen Verständnis erfaßte er Gott-Natur und ich in einer symbiotischen Einheit.  
Dirk von Petersdorff geht in seinem Vortrag dieser Verbindung nach. Am Beispiel der
Gedichte Mailied  und Willkommen und Abschied, die Goethe in der Straßburger Zeit  für
Friedrike Brion schreibt und später in alle seine Sammlungen aufnimmt, veranschaulicht
der Vortragende, wie das lyrische Ich diese Natur-Gott-Verbindung sucht und letztendlich
findet . Mit dem Auditorium geht der Referent alle Strophen des Mailieds durch: so liebt
die Lerche Gesang und Luft/ und Morgenblumen den Himmels Duft/ wie ich dich liebe mit
warmem Blut /Die du mir Jugend und Freud und Mut/ Zu neuen Liedern und Tänzen gibst /Sei ewig glücklich wie du mich liebst!                     
Hier wird nicht nur von Liebe in der Natur gesprochen, sondern von Liebe als Natur und das so Petersdorff seien die Botschaften: Liebe
ist eine Naturkraft, die in uns liegt; erst wenn wir lieben, erfahren wir uns als vollständige Menschen und für Liebende hat die Welt Sinn
und Zusammenhang.
Die Sesenheimer Gedichte der Jahre 1770 und 71 sind ganz zweifellos aus Erfahrungen eines verliebten
Menschen hervorgegangen. Doch schon immer hätten sich Studenten auf ihren Ausflügen in reizvolle
Pfarrerstöchter verliebt, ohne daß sie danach schrieben: Mir schlug das Herz, geschwind zu Pferde/ und fort,
wild, wie ein Held zur Schlacht, /der Abend wiegte schon die Erde/ und an den Bergen hing die Nacht.
Solche Verse gelingen Goethe nicht nur, weil er besonders verliebt ist, das sicher auch, sondern
weil er die Fähigkeit besitzt, Gefühle und Handlungen so zu formulieren, daß damit eine neue
Vorstellung von Liebe zutage tritt. Plötzlich galt: So klingt wahre Liebe und ältere
Beschreibungen von Liebe erschienen als unecht und gekünstelt.
Diese Suche nach Naturunmittelbarkeit findet sich allerorten, auch im Werther, den er drei Jahre nach dem Sesenheim-
Erlebnis zu Papier bringt. Die Naturinnigkeit, wie sie in der (Erlebnis-)Dichtung des Sturm und Drang erfahren und
eingefordert wird, sei für den modernen Menschen nach dem Epochenumbruch kaum noch erlebbar. Goethes ‚Kampf‘
gegen die Unnatur sei heute aktueller denn je!                                                                                                           M.E./B.S.
29. Juli, 18 Uhr    Garten der Geschäftsstelle                                                                                                                                  
Prof. Dr. Ernst Osterkamp (Berlin)  
Goethe und das klassische Ideal (Zeitraum 1786- 1788)
Die Veranstaltung fand erneut im Garten der Geschäftsstelle an einem sonnigen Nachmittag unter
Bäumen statt. Ernst Osterkamp eröffnete seinen Vortrag mit einem interessanten Hinweis:  Das
letzte Bild aus der Antike, das Goethe kurz vor seinem Tode sah, war das der kurz zuvor in
Pompeji ausgegrabenen „Alexanderschlacht”. Es markiert die „antiklassische Wende” nach 1800,
die aber nicht unbedingt die Abkehr vom klassischen Ideal bedeutete. So ist der Helena-Akt in
Faust II als sprachliche Illusion, als Traum vom griechischen Ideal vor seinem Verschwinden zu
sehen. Vor diesem Hintergrund ist auch die lange Entstehungszeit der Italienischen Reise (1786-
1829) zu verstehen.
Goethe sah die Parallelität der beiden Welten und hatte dementsprechend einen deutlichen Abstand zur Arbeit an diesem Text. Ein wichtiger Grund war auch
die Erfahrung des Epochen-Umbruchs durch die Französische Revolution, ein anderer der Untergang Napoleons, zwei einschneidende Ereignisse, die die
alteuropäische Welt zerstörten.    
Den Schwerpunkt seines Vortrags legte der Referent auf das Verständnis der Italienischen Reise als
Gegenentwurf zur Romantik, als ein „anti-romantisches Manifest”. Vorbereitet hatte sich Goethe durch
die Schriften Winckelmanns, dessen Geschichte der Kunst des Alterthums (2 Bände 1764), die er aber
erst in Rom las. Die Italienische Reise wird als Goethes Bildungsroman verstanden, sie enthält z.B.
keine Landschaftsbeschreibungen, nur erzählende Bilder. Rom wird zur großen Schule der Welt, hier
lernt Goethe, auf dem Weg zum Klassizismus, Bilder zu sehen. Im Unterschied zur Sammlung in
Mannheim sieht er in Rom keine Gipsabgüsse, sondern Statuen aus Marmor, die diaphane Lebensnähe
vermitteln. Die „Wiedergeburt” hat die Neuformung des Ich durch unmittelbare Erfahrung der
Götterpräsenz zur Folge.
Goethe dreht die Begriffe um, er feiert die Immanenz, Natur ist vollkommene
Kunst, das Leben selbst läßt ihn wiedergeboren werden, nicht die Transzendenz.
Die Reise nach Italien wird für ihn zur Schule des Sehens, auch in der Geologie,
der Biologie und Botanik und zwar durch die Reduzierung auf das Elementarische, so beim Ursprung der
Pflanzen, den Gesetzen der Metamorphose und der Betrachtung der (vermeintlichen) Urpflanze in Palermo.
Auch die „Wiedergeburt der Kunst entspringt danach aus sich selbst, (der Begriff „Renaissance” kommt erst
bei J. Burckhardt auf) aus innerer Gesetzmäßigkeit und Notwendigkeit in einem eigenen Bildungsprozeß.   
Besonders faszinieren ihn auf seiner Reise Palladio und dessen Bauten, die in
Harmonie zu den menschlichen Proportionen stehen und als Filter für die Antiken-
Rezeption gelten sollten. Die Bekanntschaft mit den erhaltenen griechischen
Tempeln in Paestum und vor allem auf Sizilien (Agrigent und Segesta) mit ihrer
massiven Machtarchitektur (gegen Karthago) wird jedoch zum Schock, denn sie
machen die Fremdheit der griechischen Antike sichtbar, zu der ein Zugang nur noch
über die historische Distanz und die Geschichtlichkeit möglich ist. Goethe stellte
deshalb auch fest, daß er nach dem Erlebnis von Paestum und Sizilien kein Stück mit
einem antiken Stoff wie die „Iphigenie” mehr hätte schreiben können.    M.E.                                                                                                                                                                                                            
   
Donnerstag, 19. August, 16 Uhr (ursprünglich 20.5.)  
Dr. Manfred Osten (Bonn)  
Zur Aktualität des Goetheschen Verständnisses
der Französische Revolution (Zeitraum 1789- 1797)
Goethe - so Manfred Osten - habe die französische Revolution als das
schrecklichste aller Ereignisse bezeichnet. Sie sei für ihn der
Hauptquellgrund der Maßlosigkeit gewesen, der radikale Bruch mit
allem, was dem Begriff der Herkunft zugerechnet werden konnte.  
Er brachte es auf die Formel: Vor der Revolution war alles ein Streben, danach nur
noch ein Fordern. Den Forderungen nach Freiheit oder Gleichheit habe weder ein Leistungs- noch ein Pflichtenbewußtsein
entsprochen.  
Für Goethe so der Referent stellte die Französische Revolution einen Bruch mit dem langsam Gewachsenen, dem
Althergebrachten dar; sie bedeutete zugleich einen zuvor nie dagewesenen beschleunigten Rhythmus des Daseins.  Diese
Beschleunigung des Lebens und seiner Vorgänge führte schließlich in allen Bereichen des Lebens zur Entfremdung, die Übereilung
zu Irrtum und Gewalt. Im nachfolgenden Jahrzehnt seien allenthalben überwiegend der Verstand einseitig genutzt und Gefühle gering
geachtet worden.
Vor allem in seinem Alterswerk Faust II - so der Referent - habe Goethe den Weg aus dieser übereilten Welt angeboten: Darin habe
er die anthropologischen Folgen der Entgrenzung und die totale Umwertung des Menschen sichtbar gemacht. So empfiehlt er dort als
Zeitmaß der Gefühle jenes Adagio-Tempo, das er auch gegenüber der Natur empfindet, das sich
übereilende Denken müsse über die langsamen Mühlen der Gefühle und Empfindungen geleitet
werden.
Als weiteren Quellgrund für das „ultra”, für die durch die französische Revolution ausgelöste
Maßlosigkeit, bezeichnet Osten mit Goethe die industrielle Revolution: Den Menschen eröffnete
sich damit zum ersten Mal die Möglichkeit einer vollständigen Ausbeutung der Erde. Ein Ereignis,
das für ihn außerdem zeitlich sinnfällig wurde mit der industriellen Revolution: 1790 war er als
Bergbauminister zum ersten Mal in Schlesien im preußischen Bergbau der sogenannten
Feuermaschine von Tarnowitz begegnet. Bereits damals vermutete er so Osten daß die Erde eines Tages sich rächen würde für diese
Art Ausplünderung.                                                                                                                                                           B.S
Donnerstag, 19. August, 18 Uhr (ursprünglich 17.6.)  
Dr. Manfred Osten Prof. Dr. Peter André Alt  
Goethes und Schillers Konzept  
zur ästhetischen Erziehung des Menschen (1795-1799)
Die Briefe Über die ästhetische Erziehung des Menschen von Schiller, 1795 von ihm
in den Horen veröffentlicht, standen im Mittelpunkt des Zwiegesprächs, in dem
Manfred Osten zuvörderst als der Fragende auftrat, dabei stets die Positionen
Goethes ins Gespräch bringend, und Peter André Alt der Antwortende war, der die
Ansichten Schillers erläuterte. Zu Beginn wurde eine historische Einordnung des Werkes
vorgenommen. Die Briefe sind eine Reaktion auf die moralisch-politischen Verwerfungen
angesichts der Nachfolge-Ereignisse der Französischen Revolution 1793 (z. B. auf die Hinrichtung Ludwig XVI.)
und damit Ergebnis von Umbruchserfahrungen.
Diskutiert wurden Begriffe der Abhandlung wie Freiheit, Pflicht, Neigung, Spiel usw., aber auch die Konzepte
ästhetischer Weltaneignung, in denen sich Schiller und Goethe durchaus unterschieden (jener von der Allegorie
kommend, dieser dem Symbolischen verpflichtet), in ihrer Zielstellung waren sie sich jedoch so die Diskutanten
einig. Beide Klassiker wollten Allgemeingültiges zur Anschauung bringen (wofür Begriffe wie Idealisierkunst,
anschauendes Denken, Symbol und Stil stehen), mithin eine Literatur schaffen, die den Menschen in seiner
Ganzheitlichkeit ergreift (als Sinnen- und Vernunftmenschen) und die ihn nicht zuletzt zu einem moralisch integren
Individuum ästhetisch ‚erzieht‘.
Dieses Programm verbanden sie mit dem Verweis auf die griechische und römische Antike, in der sich ein
Menschenbild fand, in dem sich im Sinne einer Kalokagathie- der Bezeichnung für ein griechisches Ideal der
körperlichen und geistigen Vortrefflichkeit - Körper und Geist harmonisch vereinigten; hier zeigte sich idealiter, was Schiller und
Goethe mit dem Begriff des Schönen in den Mittelpunkt ihrer Kunstanschauung rückten. Den Gesprächspartnern Osten und Alt ist es
an diesem Abend gelungen, wichtige gehaltliche Aspekte der Ästhetischen Briefe zu erläutern und die zeitgeschichtliche Bedeutung
des Werks kenntlich zu machen.                                                                                                                                                         U.H.
                                                                                                                                                                                                                                                      
Tagesexkursion nach Bad Lauchstädt
28. August, Goethes 272. Geburtstag
Bad Lauchstädt, Historischer Kursaal
11 Uhr Geburtstags-Matinée „Musik um Goethe“:
W.A. Mozart Konzert für Klavier und Orchester G-Dur KV 453
Goethe-Theater 14:30 Uhr Faust - Der Tragödie erster Teil
Für jeden Goethe-Freund ist der 28. August per se ein besonderer Tag, den er gern im Kreise derer verbringt, die in
gleicher Weise mit Begeisterung dem Werke unseres Klassikers zugetan sind. Und so machte sich an einem Samstag
in der Früh ein gut besetzter Bus auf den Weg nach Bad Lauchstädt, wo in diesem Jahr der 272. Geburtstag gefeiert werden sollte an einem Ort, den Goethe
gern aufsuchte, nicht nur um die Kurbadatmosphäre zu genießen, sondern vor allem, weil das Weimarer Hoftheater, dem er als Direktor vorstand, dort in den
Sommermonaten wiederholt gastierte. Es war somit ein von Goethe ‚geheiligter‘ Ort, dem wir entgegenfuhren – und zugleich ein Schmuckstück historischer
Bäderkultur. 1704 war man bei Grabungen auf Quellwasser mit rätselhafter rötlicher Färbung gestoßen, welches als gesund befunden wurde. Bereits wenige
Jahre später entstanden Gebäude, die ein Kuren ermöglichten; um 1780 stand Bad Lauchstädt bereits in dem Ruf eines Mode- und Luxusbades; man sprach
vom Sächsischen Pyrmont.  
Nach zweistündiger Fahrt am Ziel unserer Reise angekommen, begaben wir uns sogleich in den Historischen
Kursaal, der heute u.a. zu Konzerten genutzt wird. Hier wartete man bereits auf uns, denn pünktlich um 11.00 Uhr
sollte die „Geburtstagsmatinee: Musik um Goethe” beginnen.  
Die Staatskapelle Weimar unter der Leitung von Peter Gülke war herübergekommen und mit ihr der Pianist Andreas
Staier. Auf dem Programm stand das Klavierkonzert G-Dur KV 453 von Wolfgang Amadeus Mozart. In großer
Freundlichkeit hatte man für uns die ersten Stuhlreihen freigehalten, so daß wir in den Genuß kamen, den
Agierenden auf die Finger schauen zu können. Wie zu erwarten war, kam es zu einem großartigen (Hör-)Erlebnis,
das durch das historische Ambiente, in welchem es genossen werden konnte, noch eine Steigerung erfuhr.
Nach dem Kunstgenuß stellten sich nun recht irdische Bedürfnisse ein; wir waren nun schon viele Stunden unterwegs, ohne etwas gegessen
zu haben. Aber auch dafür war nun gesorgt. Das Kurparkensemble bot mehrere Möglichkeiten zur Einkehr und da das Wetter es sehr gut mit uns meinte,
konnte man während des Essens an der frischen Luft sitzen und die Aussicht auf den Park und die historischen Gebäude genießen. Auch war genügend Zeit, um
den See zu umlaufen oder das Städtchen zu besuchen, welches ebenfalls ein mit Liebe restauriertes Kleinod darstellt.                                                                                                                                                                     
Um 14.00 Uhr erwartete man uns im historischen Theater, welches sich fußläufig zur
Kuranlage befindet. Es wurde der erste Teil von Goethes Faust geboten. Das Theater war
am Tag zuvor nach längeren Instandsetzungsarbeiten mit der Iphigenie auf Tauris eröffnet
worden. Wir hatten somit Gelegenheit, dieses ‚neue‘ Haus zu bewundern, welches natürlich
schon mehr als 200 Jahre alt ist. Es wurde 1802 in Anwesenheit Goethes eröffnet.  Der Bau
ist klassisch schlicht, er überzeugt jedoch durch seine ausgezeichneten akustischen
Verhältnisse und günstigen Sichtbedingungen für die Zuschauer.  
Der sinnvoll eingekürzte erste Teil des Faust wurde überaus lebendig und abwechslungsreich
geboten und machte die harten Sitze, auf denen man Platz nahm, vergessen. Mit dieser
Aufführung des Theaters Bad Hersfeld gelang Regisseur Holk Freytag und seinen Schauspieler
das eigentlich unmöglich erscheinende Kunststück, das deutsche Nationaldrama, das Goethe zu
seinen Lebzeiten für eigentlich nicht inszenierbar hielt auf knappe zwei Stunden verdichtet     
mit lediglich vier Schauspielern auf die kleine Bühne des historischen Theaters zu bringen.
Von den Musen auf doppelte Weise an diesem Tag geküsst, war es nun
unser Begehr, auf den Jubilar anzustoßen und den so ereignisreichen
Tag mit einem Abendbuffet ausklingen zu lassen. Zu diesem Zwecke
fuhren wir mit dem Bus nach Coswig und setzten dort mit der Fähre
über die Elbe. Telefonisch ermahnt von unserer in Berlin verbliebenen
Vorsitzenden, welche die Reise organisiert hatte, jedoch daheim an
einem Schnupfen laborierte, doch ans obligate Gruppenfoto zu denken,
versuchten wir, während der Fährfahrt alle 60 Exkursionsteilnehmer auf
ein Bild zu bannen, wohl ein ebenso unmögliches Kunststück wie den
Faust mit vier Darstellern aufzuführen.
Gleich in der Nähe des Landungsstegs befindet sich die Gastwirtschaft Elbterassen; hier wurden wir erwartet, denn die Speisen waren bereits angerichtet. Nun
war auch der Zeitpunkt gekommen, um auf Goethes Geburtstag mit einem Glas Sekt anzustoßen. Gesättigt und erfüllt von all den Eindrücken des Tages
bestiegen wir den Bus, der uns wieder nach Berlin brachte.
Es bestand Konsens unter den Mitgliedern, daß der Geburtstagsausflug ein überaus gelungener war und einhellig wurde auch die Meinung geäußert, daß der
Erfolg der Unternehmung nicht zuletzt auch der Reiseleitung zu danken war, die in den Händen unseres Schatzmeisters Udo Eisner lag.      U.H.                  
Donnerstag 2.9., Dienstag 7.9. und Donnerstag 9.9.
Drei Lesenachmittage zum Jahresthema
Epochenumbruch um 1800
Leitung: Wolfgang Jorcke (Berlin)
Das erste Treffen am 2.9. hatte Wolfgang Jorcke dem Begriff „Epoche” und seinem Verständnis bei
Goethe gewidmet. In erster Linie ging es ihm darum, zu verdeutlichen, daß Goethe im Unterschied zum
heutigen Sprachgebrauch den Terminus viel weiter und mehrdeutiger verwendete, als wir dies heutzutage gewohnt sind.  Das reichte von dem bekannten Zitat
aus der Campagne in Frankreich von 1792, Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus...  über die Verwendung im Sinne von
Innehalten, Ereignis oder Zeitpunkt (so in den Wahlverwandtschaften), bis hin zur Bezeichnung eines allgemeinen Zeitabschnitts.
Der zweite Nachmittag am 7.9. hatte die beiden Fassungen des Wilhelm Meister zum Thema. Es wurde
deutlich, daß Goethe bei der Überarbeitung der ersten Fassung der Lehrjahre seinen Darstellungsstil gestrafft
und pointiert hatte. Das Textbeispiel machte die Unterschiede bereits an den gelesenen Seiten vom Anfang
des Romans sichtbar. Die reihenden Aufzählungen entfielen und an ihre Stelle trat der neue Erzählstil oder
wie es Thomas Mann nannte, die „Welt-Ironie der
Kunst“.   
Der dritte Abend am 9.9. behandelte die
Humanisierung des Mythos anhand des Vergleichs
von Euripides Iphigenie bei den Tauren und Goethes
Iphigenie auf Tauris. Goethe kannte den Stoff vor
allem aus den Bearbeitungen der französischen Klassiker und der Opern Glucks. Schon die
Eingangsmonologe zeigen deutliche Unterschiede: Bei Euripides beruft sich Iphigenie auf den Mythos,
bei Goethe entwickelt sich bereits hier eine Dynamik und eine stärkere Betonung des Ich. Sie stellt sich
durch ihre Abstammung auf eine Stufe mit Thoas, den Goethe als „ein edler Mann” bezeichnet,
während er bei Euripides nur ein Barbar bleibt. Iphigenie muß deshalb bei Goethe ihren Betrugsversuch
offenbaren, um den Mythos zu humanisieren. Die Frage, was Goethe mit der Bemerkung gegenüber Schiller gemeint hatte, Iphigenie sei ganz verteufelt human,
blieb offen.
M.E.
Donnerstag 16. September, 18 Uhr  
Prof. Dr. Jochen Golz (Weimar)  
Goethe, Schiller und Friedrich Schlegel  
an der Schwelle der Moderne (Zeitraum 1800- 1805)
Der Vortrag von Jochen Golz überzeugte durch handwerkliche Solidität und Kenntnisreichtum; Gegenstand war die
politische und ästhetische Reaktion von Goethe und Schiller auf die Französische Revolution, wie sie sich u.a. in  Der
Groß-Cophta (1791) und Das Mädchen von Ober-Kirch (17951796) zeigte, Goethes eher unbekannten  Dramen und
der Prosa (Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten) sowie den literaturästhetischen Schriften  (insbesondere     
Schillers Über die ästhetische Erziehung des Menschen) .  
Vergleichend wurde die Stellungnahme Friedrich Schlegels zum Epochenumbruch hinzugezogen, der nicht allein die
Französische Revolution zu den drei größten Tendenzen des Zeitalters rechnete, sondern neben Fichtes
Wissenschaftslehre auch Wilhelm Meisters Lehrjahre. Der Referent veranschaulichte, wie unterschiedlich Goethes und
Schillers Weltsicht damals war. Goethe, langjähriger Berater eines Herzogs, als Geheimer Rat und Minister mit
politischen Realitäten wohlvertraut, beurteilte die Ereignisse aus einer skeptischen Beobachterposition und bildete sich
eine Meinung nach eingehender Prüfung der Verhältnisse. Schiller dagegen war nie politisch tätig gewesen und vertrat
mitunter einen weltfremd erscheinenden Idealismus. Exemplarisch hierfür sei sein Gedicht Der Antritt des neuen
Jahrhunderts, aus dem der Referent die Eingangsverse zitiert:
Edler Freund! Wo öffnet sich dem Frieden/Wo der Freiheit sich ein Zufluchtsort?/Das Jahrhundert ist im Sturm geschieden,/Und das neue öffnet sich mit Mord.
In des Herzens heilig stille Räume/ Mußt du fliehen aus des Lebens Drang/Freiheit ist nur in dem Reich der Träume/ Und das Schöne blüht nur im Gesang.
Vergleichend zog er sodann zum Epochenumbruch die Stellungnahme Friedrich Schlegels hinzu, der nicht allein die Französische
Revolution zu den drei größten Tendenzen des Zeitalters rechnete, sondern neben Fichtes Wissenschaftslehre auch Wilhelm Meisters
Lehrjahre. Neben seinem Bruder August Wilhelm einer der wichtigsten Vertreter der Jenaer Frühromantik hatte Friedrich Schlegel
nach eigenem Bekunden zum Ziel, eine progressiven Universalpoesie zu schaffen als die verbindende Darstellung von Philosophie,
Prosa, Poesie, Genialität und Kritik.
In der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Athenäum vertrat er eine ironisch provokative Sichtweise und bezeichnete dort die
Französische Revolution als Groteske und Tragikomödie. Die Beziehung zu Schiller geriet daraufhin alsbald in Turbulenzen. Schlegel
hatte dessen Musenalmanach recht ungestüm rezensiert, der nahm seinerseits den polemischen Griffel mit den Xenien in die Hand
und als sich Schlegel die Horen vornahm, war der Bruch endgültig. Schiller geißelte ihn als unbescheidenen, kalten Witzling. Goethe
hielt die Beziehungen zu den Frühromantikern auch nach dem Bruch Fr. Schlegels mit Schiller (1797) aufrecht.         M.E./B.S.                             
Donnerstag, 14. Oktober, 18 Uhr
Prof. Dr. Helmut Hühn (Jena)
Zeit und Geschichte in Goethes Wahlverwandtschaften (Zeitraum 1805- 1815)
Zunächst skizzierte Helmut Hühn den Entstehungsprozeß des Romans, der 1807 als Novelle
für den Zyklus der Wanderjahre geplant war, aber im Oktober 1809 als Monographie in zwei
Bänden bei Cotta erschien. Der Gegenstand der Darstellung, der doppelte Ehebruch und das
Gesetz des Begehrens, lösten bekanntlich große Irritationen aus, die durch den zweideutigen
Schlußsatz...wenn sie dereinst wieder zusammen erwachen (2.Teil, Kap. 18) nicht eben
beruhigt wurden.  
Der Referent ging auf die Folgen des Ehebruchs im Ehebett, die
Ähnlichkeit des Kindes mit dem Hauptmann und Ottilie, und auf
das zeitgenössische Echo des Romans ein. Auch stellte er die
entsprechenden Theorien vor (J. W. Ritter u.a.), die Goethe zur
Veranschaulichung des Inhalts herangezogen hatte. Besonderen
Wert aber legte er auf die morphologische Sicht, die Spiegelung
von Innen und Außen, z.B. schon am Anfang bei der neuen
Mooshütte, die sich als zu eng erweist und vorausdeutend ins lose
Weite führt.  
Der Roman läßt sich, so Hühn, in seiner Vielschichtigkeit als Gegenwartserkundung mit
Mitteln der Literatur lesen, als Transformation der Literatur, als eine „symbolische Fassung”. Hühn legte anschaulich dar, in
welchem Maße Goethes Roman Naturforschung und Wissenschaftsgeschichte, Kunstreflexion und Gesellschaftsdiagnose,
Anthropologie und das Studium von Phänomenen des Unbewussten in einer dichterischen Formensprache verknüpft, die die Leser
auch nach über 200 Jahren noch irritiert, aber auch fasziniert. Die genaue Schilderung menschlicher Regungen, die experimentelle
Darstellung sozialer Konflikte und ein feines Gespür für geschichtliche Umbrüche machen die Wahlverwandtschaften zu einem
Musterbeispiel für das, was Literatur zu leisten vermag.                                                                       M.E.
Donnerstag, 18. November, 18 Uhr (Zeitraum 1812- 1825)
Dr. h.c. Friedrich Dieckmann (Berlin)
Goethe in der zweiten Zeitenwende
Napoleonisches beim alten Faust
Friedrich Dieckmann beleuchtet das Aufeinandertreffen zweier herausragender
Persönlichkeiten ihrer Zeit: Goethe und Napoleon Bonaparte. Goethe, bekanntlich
ein Verehrer des französischen Kaisers, erhält von diesem am Rande des Fürstenkongresses in Erfurt 1808 die
Auszeichnung der französischen Ehrenlegion.  Nach der Völkerschlacht und vernichtenden Niederlage Napoleons bei
Leipzig 1813, die die Deutschen in einen Siegeltaumel versetzt nicht so Goethe wird der Österreichische Graf Colloredo  
bei ihm einquartiert und  zwingt seinen unfreiwilligen Gastgeber, den französischen Orden wieder abzulegen. Noch wenige
Monate zuvor hatte Goethe gegenüber dem Vater des patriotischen Dichters Theodor Körner in Dresden geäußert: Schüttelt
nur an Euren Ketten; der Mann ist Euch zu groß, Ihr werdet sie nicht zerbrechen.
Trotz der wechselnden politischen Ereignisse kann Goethes weiterhin dauernde Bewunderung für den Tat-Menschen
Napoleon den Überwinder der französischen Revolutionswirren und Wiederhersteller der staatlichen Ordnung nicht
verhehlen, was bei seiner Mitwelt in diesen Zeiten des Epochen-Umbruchs äußerste Befremdung auslöst.  
Als der Berliner Intendant August Wilhelm Iffland anfragt, ob er wohl gegen entsprechendes Honorar ein etwa 20-
minütiges Vorspiel zu den geplanten Feiern 1814 verfassen würde, bringt Goethe, dem Auftragsarbeiten  so gar nicht liegen,
schließlich einen Festspieltext zu Papier, den er Des Epimenides Erwachen tauft.  
Hintergrund der Handlung ist die Erzählung vom griechischen Philosophen Epimenides, der von den Göttern in einer Höhle
in einen lang andauernden Tiefschlaf versetzt wird. Als dies geschehen ist, setzt sich eine jahrhundertelange
Kriegsmaschinerie in Gang. Der Dämon des Krieges beschwört die Kräfte der Zerstörung herauf.  Als Epimenides schließlich
erwacht und der Zerstörungen gewahr wird, propagiert er eine friedliche Gesellschaft als Fernziel menschlichen Handelns.
Durch gemeinsame Anstrengungen gelingt es den Völkern schließlich, den Krieg hinter sich zu lassen. Dem Stück, das erst
im März 1815, also kurz vor der Schlacht von Waterloo, uraufgeführt wird, ist allerdings kein Erfolg beschieden.  
Der Referent arbeitet sodann deutliche Bezüge auf Napoleon in Goethes literarischem Alterswerk Faust II heraus. So beschreibt er den alt gewordenen
Tragödienhelden Faust im vierten Akt als einen Meeresbezwinger mit Versen, die auch dem übermächtigen Napoleon der französischen Kontinentalsperre über
die britischen Inseln von 1806 hätten gelten können.                                                                                                                                                       
In die beiden Schlußakte von Faust II, so veranschaulicht der Referent, seien Gegenwartserfahrungen
eingeflossen waren, so die Eigentumsfrage, die gerade in Paris in der Zeit nach Napoleon durch die gigantischen   
Entschädigungsforderungen der Remigranten des Ancien régimes virulent wurde.  
Bei der Landgewinnung durch Trockenlegung von Küstenstrichen stellte sich die Eigentumsfrage nicht. Hier
konstituierte sich etwas Neues, von dem es heißt: Auf freiem Grund mit freiem Volke stehen. Aber auch dieses
Unternehmen konnte innerhalb des Faust-Dramas nur ein leerer Wunsch bleiben und keine Erfüllung bringen.
Dieckmann stellte Fausts Wette als den Fluch der modernen Welt dar - CERN als den modernen Ring der
Nibelungen und das „Ewig-Weibliche” als Gnadenrettung, die dem Napoleonischen im „Faust” gegenüber
steht.                                                                                                                                                  B.S. / M.E.
Do., 9.12., 18 Uhr  
PD Dr. Michael Jaeger (Berlin)  
Goethe und der Epochenwechsel von 1830:
Die Julirevolution und der Beginn des Maschinenzeitalters (Zeitraum 1830-181)  
Ließ Friedrich Dieckmann im November seinen Vortrag enden mit einem landgewinnenden tätigen Faust, den er
als durchaus positivem Charakter darstellte, den als ewig strebend sich Bemühenden, dessen Seele zu retten sei,
sah unser Michael Jäger, wie nicht anders zu erwarten, dies ganz anders. Bereits in seinen letzten drei
umfangreichen Werken Fausts Kolonie (2005), Global Player Faust (2007) sowie Wanderers Verstummen,
Goethes Schweigen (2014), die er uns in den letzten Jahren vorstellte, sah er Goethes Faust-Drama grundsätzlich
an als 'Tragödie', als Katastrophe der modernen Zivilisation. In diesem Jahr hat er nun ein weiteres Buch
veröffentlicht mit dem Titel Goethes Faust Das Drama der Moderne. Kompakt und nur 128 Seiten umfassend,
hatte er es auch gleich mitgebracht und erläuterte die beiden Aspekte, die er dort behandelt, da insbesondere
der zweite wie die Faust aufs Auge zu unserem Thema Epochenumbruch in Goethes Leben und Werk paßten.
Goethes Diktum, daß alles, was er geschrieben habe, Bruchstücke einer großen Konfession sei, nimmt der
Referent hier nun beim Wort. Gestützt auf die neuesten Befunde der Faustphilologie, rekapituliert dieser Band die bruchstückhafte
Entstehungs- und Druckgeschichte des berühmtesten goethischen Textes. Entstehen die anfänglichen Studierzimmerszenen sowie die Gretchen-Geschichte in
den 70er Jahren, bleibt der erste Teil doch als Fragment über ein Jahrzehnt in der Schublade liegen. Nur kurz streift der Referent die die unorthodoxe
Entstehungsgeschichte; so entstehen erst nach mehrfacher Ermutigung durch Schiller, Zueignung, Das Vorspiel auf dem Theater sowie der Prolog im Himmel.
Die Wette mit Mephisto bringt er erst zu Beginn des neuen Jahrhunderts zu Papier  
Dabei zeigt sich so Jäger , daß diese fragmentarische Schreibweise eine offene Form des Dramas hervorbrachte, die dessen
moderner Thematik besonders angemessen war. Mephisto ist nun nicht mehr, wie noch zwei Jahrzehnte zuvor, ein böser Geist,
sondern er steht für die Negation schlechthin, die Verneinung und Zerstörung. Und damit sind wir beim Thema. Die Faust-
Tragödie, an der Goethe beinahe sein ganzes Leben lang geschrieben hat spiegele, so der Referent, die große Transformation, die die
Welt des alten Europas vom modernen Industriezeitalter trennte, und könne daher als das Drama der Moderne gelten.
Den technischen Erfindungen seiner Zeit wie Dampfmaschinen, mechanischen Webstühlen, Eisenbahnen und Dampfschiffen stand
Goethe ambivalent gegenüber. Revolutionäre Umwälzungen im gesellschaftlichen Raum lehnt er ab. Äußerst beunruhigt ist er daher
über die Geschehnisse der Pariser Juli-Revolution von 1830 sowie die Fortschrittsutopien der
Saint-Simonisten. Bei diesen handelte es sich um Anhänger eines ehemaligen Adligen
namens Henri de Saint-Simon, der in seinen Schriften die revolutionäre Ansicht vertrat, daß
ausschließlich jene Individuen, die Dienstleistungen und vor allem Güter produzierten,
nützliche Mitglieder der Gesellschaft seien.  
Just zur selben Zeit, als Goethe in Le Globe von den planwirtschaftlichen sozialistischen Visionen der Saint-Simonisten
liest, schreibt er zwischen den Sommermonaten des Jahres 1830 und Juli 1831 die im zweiten Tragödienteil noch
fehlenden Szenen nieder.
Jäger veranschaulicht, wie Goethe im 4. und 5. Akt den strebenden Faust auf den wichtigsten Stationen jener
modernen Revolution der Lebensverhältnisse begleitet. Am Kaiserhof führt er mit Mephistos Hilfe das aus dem
Nichts erschaffene Papiergeld ein, ein entfesselter Kapitalfluss samt grenzenloser Schulden, der die alte Welt des
Feudalismus davonschwemmt und die gigantischen Technik-, Industrie- und Verkehrsprojekte der Moderne
finanziert. Etwa das Kanal- und Dammbauprojekt, in das Faust nun von
Mephisto hineingezogen wird. Er faßt den Plan, das Meer trockenzulegen
und zu kolonisieren, damit dort dicht gedrängt Menschen wohnen können.
Die letzte Viertelstunde widmet sich der Referent ausführlich dem 5. Akt und dem Auftritt des Wanderers, der nach
seiner Überzeugung als Goethes Alter Ego anzusehen ist, wird doch das gleichsam schicksalhafte Geschehen, das nun
folgt, von diesem geschildert. Er will die beiden Alten, Philemon und Baucis, die ihn einst als Schiffbrüchigen gerettet
haben, erneut in ihrer ärmlichen Hütte am Meer besuchen. Nun muß er feststellen, sie ist das einzige Überbleibsel aus
der Zeit vor dem gigantischen Kanalprojekt. Die Alten berichten dem Wanderer von dem Deichbau, der bei dem es nicht
ganz mit rechten Dingen zugegangen sei und sie gehen zur Kapelle, um zu beten.  
Jäger spannt hier noch einmal den Bogen zu Saint-Simon, der sein posthum gedrucktes Buch Le Nouveau Christianisme
betitelt hatte, ein neues Christentum, in dem ausgerechnet Isaac Newton als Heilsverkünder propagiert wird. In der
sozialistischen Vernunftwelt der Saint-Simonisten, die das Privateigentum in gesellschaftliches verwandeln und das Erbrecht
abschaffen wollen - Goethe bezeichnet sie in einem Brief an Carl Friedrich Zelter 1831 als Sekte, ist kein Platz für
Traditionen, geheiligtes Land und seit Jahrhunderten Gewachsenes wie die Linden vor Philemon und Baucis Hütte. Das
Läuten des Kapellen-Glöckchens lässt den inzwischen greisen Faust im Ziergarten seines Palastes laut fluchen, sind ihm doch
Hütte und Kapelle ein Dorn im Auge, deshalb weist er Mephisto an, sie aus dem Weg schaffen.                                                                                                                                                                                        
Die Alten droben sollten weichen/Die Linden wünscht' ich mir zum Sitz/Die wenig Bäume, nicht mein eigen/Verderben mir den Weltbesitz.
Dort wollt' ich, weit umherzuschauen/Von Ast zu Ast Gerüste bauen/Dem Blick eröffnen weite Bahn/Zu sehn, was alles ich getan,
Die Schilderung der Katastrophe überträgt Goethe Lynceus, dem Türmer, der in die von Mephisto entzündete wildentbrannte Hölle
schaut, in der die Welt von Philemon und Baucis verbrennt: Bis zur Wurzel glühn die hohlen Stämme/Purpurot im Glühn (Lange
Pause Gesang) Was sich sonst dem Blick empfohlen/ Mit Jahrhunderten ist hin.
In den Flammen der von des von Mephisto entzündeten Scheiterhaufens - so Jäger -
verflüchtigt sich die Metamorphose, jenes Kunst- und Wissenschaft, Selbst- und
Weltbetrachtung verbindende Leitprinzip Goethes. Offenkundig sei das
ungeheuerliche Bild vom Scheiterhaufen, auf dem Philemon und Baucis und auch
der Wanderer umkommen, Goethes dramatisches Symbol für den vom 19.
Jahrhundert vollzogenen revolutionären Bruch in der europäischen Geschichte.  
Goethe habe in den Faust alles gesteckt, was ihm am veloziferischen Unwesen der
Moderne nicht geheuer war dieser sei deshalb in seiner revolutionären
Leidenschaft und seiner nervösen Getriebenheit keineswegs eine Identifikations-, sondern eine Schreckensgestalt.
Da hierzu vom Auditorium noch viel zu fragen war und der Referent auch noch viel zu sagen hatte, waren alle nach einer halbstündigen Diskussion sehr erfreut
zu hören, daß das Drama der Moderne an diesem winterlichen Abend keineswegs ausdiskutiert sei, sondern in exakt einem Jahr erneut zur Sprache kommen
werde.  Im Rahmen des neuen Jahresthema Opponent und Vorbild Goethe in der Auseinandersetzung, wird es im Dezember 2022 dann vertieft um Goethe,
Faust und den Saint-Simonismus gehen.                                                                                                                                                              B.S.
                                                                                                                                                                                                                                           
                             Goethe Gesellschaft Berlin e.V.- Jahresrückblick 2022
                            Opponent und Vorbild Goethe in der Auseinandersetzung
Januar Do 20.1., 18 Uhr Dr. Manfred Osten (Bonn)                                                
  
Goethes Opposition gegen alle lebensfeindlichen        
Tendenzen seiner Zeit und in sich selbst   
Zunächst verweist der Rezensent auf sein soeben erschienenes Buch Die Welt ein großes Hospital - Goethe
und die Erziehung des Menschen zum humanen Krankenwärter, erschienen beim Wallstein Verlag.
Nach seinen beiden Publikationen alles veloziferisch - oder Goethes Entdeckung der Langsamkeit und
Gedenke zu leben wage es glücklich zu sein - oder Goethe und das Glück veranschaulicht uns Manfred Osten
im Folgenden, wie sehr Goethe,  nachdem er - bekanntlich beginnt so seine Autobiographie  Dichtung und
Wahrheit - als Totgeburt auf die Welt kam und erst zum Leben erwachte als man dem Säugling die Herzgrube
mit Wein einrieb, von nun an alles Lebensfeindliche, dessen er gewahr wurde, systematisch bekämpfte.  
Aus dem 143 Bände umfassenden Oeuvre des Dichters, seinen Werken Tagebüchern
und Briefen sowie naturwissenschaftlichen Schriften, weiß Osten die jeweils passenden
Zitate zu präsentieren, die veranschaulichen, daß Goethe, der in seiner Dichtung ab der
Sturm und Drang Periode stets das Lebendige, das sich ständig erneuernde Bewegende
und Bewegte preist, die Reinheit und Ernsthaftigkeit der Natur, die keine Späße
verstünde, fortwährend zu erforschen trachtete. Während der pubertäre Goethe sich in
Leipzig seine Gesundheit durch psychische Belastungen, übermäßigen Alkoholgenuß und wenig Schlaf derart ruinierte, daß er erst
nach monatelanger Bettlägerigkeit im Frankfurter Elternhaus wieder zu Kräften kam, erleben wir ihn nun als ständigen Wanderer
zwischen Frankfurt und Darmstadt bei Wind und Wetter.
In Weimar wird er umgehend zum Pionier der Bewegungstherapie, die Heilung verspricht:
Reiten, Schwimmen in der kalten Ilm, Eislaufen, Bergsteigen und in Höhlen herumklettern,
doch vor allem immer wieder das Wandern in der Natur als Rettungsmittel in allen
menschengemachten Konflikten. Goethe so der Referent mahne, die Natur als ein
Universum unendlicher Wechselwirkungen zu verstehen. Für ihn bestehe in letzter Zeit die
Aktualität Goethes vor allem in seiner Rolle als Warner. Ein Schlüsselerlebnis sei es für diesen
offenbar gewesen, als er 1790 im schlesischen Tarnowitz die erste englische Dampfmaschine im
Bergbau besichtigt und den Beginn einer grenzenlosen Ausbeutung der Erde erkannt habe.  
Im wenig bekannten „Pandora“-Fragment von 1809 heiße es: Erde, sie steht so fest/. Wie sie sich  
quälen lässt!/ Wie man sie scharrt und plackt/ Wie man sie ritzt und hackt/Da soll´s heraus.  
Der mit Goethe auf engem und vertrautem Fuße verkehrende Alexander von Humboldt habe ihm
überdies von der Vernichtung der Regenwälder durch die europäischen Kolonisatoren berichtet, wie er
sie auf seinen Südamerika-Reisen erlebt hatte. Überraschend und nachdenklich machend sei doch, daß
Goethe bereits den kategorischen Imperativ der Ökologie für das 21. Jahrhundert formuliert habe: die
zwingende Notwendigkeit einer Rückkehr zur Reinhaltung der drei zentralen Elemente der Natur (Luft,
Wasser und Erde) für unser Überleben auf diesem Planeten.
Manfred Ostens Goethe ist seiner Zeit voraus, Corona war gestern, vor uns liegen Klimawandel und
Ressourcenknappheit und im Großen Hospital (S. 92) hält er in diesem Zusammenhang fest, daß der Dichter all dies offenbar bereits längst
vorausgesehen hat.
  
In seinem letzten Brief an Zelter schreibt Goethe wenige Wochen vor seinem Tod: Wenn ein freier
Geist gewahr wird und ausspricht, was gar wohl einzusehen und auszusprechen ist, müssen gar
viele gute Menschen in Verzweiflung geraten. Jetzt gängeln sie sich in schlendrianischen
Labyrinthen und merken nicht, was ihnen unterwegs bevorsteht
Februar Do 17. 2., 18 Uhr Philipp Restetzki (Görlitz)  
Goethes Verhältnis zu Spinoza
unter besonderer Berücksichtigung des Faust  
Es war durchaus mutig, sich im 18. Jahrhundert zu der Philosophie des Niederländers Baruch de Spinoza (16321677) zu
bekennen; da er Gott mit der Natur gleichsetzte (deus sive natura), hielten viele der Zeitgenossen ihn für einen
Gottesleugner, gar für einen Materialisten. Da sich Goethe bereits in seiner Frühzeit als Stürmer und Dränger zu dem
Philosophen und seiner Lehre bekannte, stand er in Opposition zu den Mehrzahl der zeitgenössischen Gelehrten und
wurde zum Vorbild für religionskritische Geister. Wir suchten nach einem Vortragenden, der uns mit dieser
philosophischen Problematik vertraut machen konnte. Als uns krankheitsbedingt der vorgesehene Referent ausfiel, sprang
Philipp Restetzki kurzfristig ein, ein Gymnasiallehrer aus Görlitz, der nebenbei noch an seiner Dissertation arbeitet, die
sich mit der Spinoza-Rezeption bei Goethe, insbesondere im Faust, beschäftigt. Zu diesem Thema sprach er nun zu uns
fundiert und verständlich zugleich.  
Verflucht sei er am Tage und verflucht sei er bei Nacht; verflucht sei er, wenn er sich niederlegt, und
verflucht sei er, wenn er aufsteht; verflucht sei er, wenn er ausgeht, und verflucht sei er, wenn er
zurückkehrt. Gott wird ihm nicht verzeihen wollen. Der Zorn und der Grimm Gottes wird gegen diesen
Menschen entbrennen und über ihn alle die Flüche bringen, welche im Buche des Gesetzes geschrieben sind.
Und Gott wird seinen Namen unter dem Himmel vernichten, und Gott wird ihn zum Bösen ausscheiden von
allen Stämmen Israels mit allen Flüchen des Himmels, die im Buche des Gesetzes geschrieben sind …   
Mit diesem großen Bannfluch, mit dem der 24 Jahre alte Baruch de Spinoza 1656 aus seiner jüdischen
Gemeinde in Amsterdam für immer ausgestoßen wurde, begann Philipp Restetzki seinen Vortrag. Der
Grund für Spinozas Erklärung zum Ketzer war sein schon in jungen Jahren an Descartes ausgebildeter
kühler, konsequenter Rationalismus und die daraus erwachsende Religionskritik, die einer streng orthodoxen
jüdischen Gemeinde nicht gefallen konnte. Die religiösen Schriften, so Spinoza, seien nicht das Wort Gottes,
sondern nur eine Interpretation durch den Menschen.
Wahrscheinlich hat Goethe den Anstoß zur Lektüre Spinozas bereits in Straßburg von Herder
empfangen und es ist vor allem der beruhigende Einfluß, den die Lektüre des niederländischen
Philosophen, in dieser Zeit auf Goethes leidenschaftliches Wesen hat. Die Beruhigung der
Leidenschaften ist ein zentrales Thema der spinozistischen Affektenlehre, unterscheidet sie doch
zwischen Affekten, die der Mensch passiv erleidet wie Haß und Zorn, und solchen Affekten, die ihn
zur aktiven Gestaltung anregen. Um nun die negativen, passiven Leidenschaften ausschalten zu
können, muß der Mensch - so Spinoza - durch Verstandeskraft die Ursachen dieser Affekte
offenlegen, erst durch diese Beruhigung der Leidenschaften und die Konzentration auf seine  
positiven, aktiven Affekte vermag er sodann, wirkliche Erkenntnis der Welt und mithin von Gott zu erlangen.  
Kurz erinnerte der Referent daran, wie Goethe zu Beginn der siebziger
Jahre des 18. Jahrhunderts zu Spinozas Lehre fand und wie sie sich in
Gedichten wie dem Mayfest und Ganymed Ausdruck verlieh.
Sodann konzentriert er sich jedoch auf die beiden für Fausts Erlösung
ausschlaggebenden Szenen: den Prolog im Himmel und die
Bergschluchten-Szene, die miteinander durch die für Goethes Faust
zentralen Konzepte des menschlichen Strebens und der göttlichen
Liebe verbunden sind.
Im Prolog ist es kein Geringerer als der Herr selbst, der durch die Feststellung Es irrt der Mensch, so lang er
strebt den Begriff des menschlichen Strebens einführt, während in den Bergschluchten die in der höheren Sphäre schwebenden Engel mit ähnlichem
Nachdruck verkünden: Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.
In Spinozas Hauptwerk, der „Ethik“, nehmen menschliches Streben und göttliche Liebe als philosophische Begriffe ebenfalls eine zentrale Stellung
ein. Sie fungieren als Kernbegriffe der Erkenntnistheorie und Affektenlehre. Gleichsam als Motiv für Mephisto führt der Herr im Prolog im Himmel
das stetige Streben als denjenigen Punkt in der Natur des Menschen an, an dem Mephisto mit seiner Verführungskunst ansetzen kann:
So lang er auf der Erde lebt/so lang sei‘s dir nicht verboten./Es irrt der Mensch, so lang er strebt.
Beide Aspekte sind, so zeigte der Referent auf,  eindeutig Spinozas Ethik entnommen. Goethes Bezugnahmen auf die Sachverhalte Tätigkeit und
Liebe sind nicht allein für den Faust nachweisbar, vielmehr sind sie für sein gesamtes Werk fundamental; der erbrachte Nachweis, daß ihre ideelle
Quelle in den Schriften Spinozas liegt, ist demnach von nicht geringer Bedeutung.                           U.H.                                               
März Do 17.3., 18 Uhr Beate Schubert (Berlin)
Der Kriegsminister Goethe  in Opposition zu Friedrich dem Großen  
So gut wie nie widmen sich unsere Vorträge dem poltisch agierenden Goethe,
obwohl dieser seit 1775 im Herzogtum Sachsen-Weimar über ein halbes
Jahrhundert lang diverse Ministerposten bekleidete. Das unliebste Amt war ihm
nach eigenem Bekunden die Leitung der Kriegskommission, die ihm Carl-Augst
überraschend Anfang 1779 angetragen hatte .Man befand sich in einer höchst
brisanten Lage, denn  das Land stand vor der Bedrohung, erneut in einen Krieg
gezogen zu werden. Der preußische König Friedrich II. beabsichtigte, 17 Jahre nach dem  Habsburger Frieden von 1763  
erneut einen Krieg gegen Österreich zu führen. Die kleineren Fürsten Deutschlands waren in Alarmstimmung, denn sie
verspüren wenig Lust, nach den entbehrungsreichen Jahren der Erbfolgekriege, dem Preußenkönig ein weiteres Mal mit Rekruten bei einem seiner
Waffengänge zu unterstützen. Dieser macht allerdings keinen Hehl daraus, daß er von Carl-August, seinem Großneffen, Unterstützung erwarte.
Zu Goethes Schrecken erwachte nun im Herzog die Kriegslust, so daß er tatsächlich erwog,
in den bevorstehenden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Preußen und
Österreich militärische Lorbeeren zu ernten. Auf Goethes Rat hin, versuchte er allerdings,
die Sache zunächst einmal hinzuziehen, die Musterungen und Aushebungen bräuchten ihre
Zeit, man werde sich aber bemühen, bald eine verbindliche Antwort geben zu können. Im
Februar 1779 verstärkte sich der Druck aus Berlin. In einem direkt an die Weimarer
Kriegskommission gerichteten Schreiben heißt es: Der König sei unendlich befremdet und
wiederhole sein Ersuchen auf das freundschaftlichste, aber inständigste. Man ersuche man
den Herzog erneut, Weimarer Rekruten zu überstellen und überdies preußische Werbung auf herzoglichem Territorium
zu genehmigen. bald  allen schon erste preußische Husarentrupps ein, wollen angebliche Deserteure greifen und entführen dabei Weimarische junge
Leute.
  Es kommt zu einer Krisensitzung, die mit allgemeiner Ratlosigkeit endet. Wenige Stunden danach
verfasst  Goethe in einer schlaflosen Nacht für den Herzog- eine umfängliche Denkschrift , die nur wenig
bekannt ist: Über die Zulassung oder Ablehnung preußischer Truppenwerbungen im Lande. Darin faßt
er alle Gesichtspunkte, die seiner Ansicht nach zu berücksichtigen sind, souverän zusammen und
analysiert die Konsequenzen, die aus der jeweiligen Entscheidung folgen würden. Goethes Pro- und
Contra Argumente, insbesondere sein Appell, sich hierüber mit den anderen Fürsten abzustimmen und sich
mit diesen zu einem Bündnis zusammenzuschließen, um in Augenhöhe mit dem Preußenkönig verhandeln
zu können, erschienen vor dem Hintergrund des kurz zuvor erfolgten Überfalls Rußlands in die Ukraine
erstaunlich aktuell. Die Denkschrift, die Goethe als genialen Diplomaten kennzeichnet,  kann im Übrigen in voller Länge in
Albrecht Schönes Buch Der Briefschreiber Goethe (2015) nachgelesen werden.  
Die Referentin war kurzfristig eingesprungen für den kurzfristig  erkrankten Thomas Franztke, der über den jungen Goethe im Konflikt mit Kirche
und Aufklärung hatte sprechen wollen. Goethes Konflikt mit Friedrich II. zog sich allerdings noch zwei weitere Jahre hin.       B.S.
April Do 14.4., 18 Uhr  Prof. Dr. Rainer Holm-Hadulla (Heidelberg)
              
Goethes unkonventionelle Frauenbeziehungen  
Ursprünglich hatten wir uns unter Goethes unkonventionellen
Frauenbeziehungen  etwas ganz anderes vorgestellt;
schließlich hatte sich Goethe bis zu seinem 38. Lebensjahr in
Frauen verliebt, mit denen eine ernsthaft andauernde,
langfristige und verbindliche  Beziehung wie eine Ehe eigentlich gar nicht in Betracht
kam. Seine Jugendlieben: das Frankfurter Gretchen und das Leipziger Käthchen  ebenso
wenig wie die Sesenheimer Pfarrerstochter Friederike Brion , erwogen hatte er
kurzfristig tatsächlich eine Verlobung mit der kapriziösen  Lili Schönemann, doch beider Eltern waren dagegen.
Lotte Buff war schon verlobt und Charlotte von Stein seit Jahren verheiratet, mehrfache Mutter und neun Jahre älter
als er. Daß er Christiane Vulpius nach 18-jährigem Zusammenleben schließlich 1806 aus Dankbarkeit ehelichte,
war ebenso unorthodox wie seine tiefe Beziehung zu Marianne Jung, die der befreundete Bankier v. Willemer noch
schnell heiratete, bevor es hier zu Verwicklungen gekommen wäre; gar nicht zu reden von der tiefempfundenen  
Altersliebe des 74-jährigen zu dem 17-jährigen Backfisch Ulrike von Levetzow.
Es ginge uns, so war dem Referenten bedeutet worden, insbesondere um die Auseinandersetzung Goethes mit den von ihm umworbenen und
geliebten Frauen, von dieser könne man ja nur durch schriftliche Zeugnisse etwas erfahren; etwa durch seine Korrespondenz
mit ihnen oder durch jene Liebesgedichte, durch die einige von ihnen unsterblich geworden seien. Sähe er,
Prof. Holm-Hadulla  als langjähriger erfahrener  Psychotherapeut Goethe als Frauenversteher? Und wie
hätten diese auf sein Werben reagiert? Von einigen existierten ja Briefe. Erfuhren wir davon? Mitnichten.  
Doch der erfahrene langjährige Psychotherapeut Holm- Hadulla verriet uns etwas ganz anderes: Zwar ließ
Goethe sich und das war charakteristisch für seine Liebesverhältnisse , mit seinem ganzen Wesen auf die
Geliebte ein und idealisierte sie häufig maßlos, um sich dann aber ebenso entschlossen wieder abzuwenden
und aus seiner Niederlage etwas zu gewinnen, nämlich Stoff für seine Dichtungen.  
Er zog schöpferische Energie aus Enttäuschung und Zurückweisung und setzt diese in schriftstellerische Arbeit um; er spiegelt sich
in ihnen, nahm die Empfindungen seiner Geliebten auf und kehrte bereichert zu sich zurück.
Ein Psychotherapeut, den die Menschen erst dann aufsuchen, wenn sie leiden und der Hilfe bedürfen,
erfährt von den Beziehungen zwischen Liebenden offenbar erst dann, wenn sie hoffnungslos
gescheitert sind. Die Lieben Götter, welch ein Glück-Phase wurde uns daher zumeist durch ein Gedicht
veranschaulicht, auch wenn sie 10 Jahre andauerte, wie bei Charlotte, doch dann begann
unausweichlich der Leidensweg. Kein Wunder, daß Christiane Vulpius, die langjährige Frau an seiner
Seite, von der ihn erst ihr Tod trennt, nur kurz Erwähnung findet, war diese Beziehung doch über 28
Jahre ungetrübt glücklich.                                                                                                              B.S.                                                             
Mai  Do, 19.5., 18 Uhr Prof. Dr. Uwe Hentschel (Berlin/Chemnitz)
„Der Nutzen ist das große Idol der Zeit, dem alle Kräfte frohnen
und alle Talente huldigen sollen.“ – dies schrieb Schiller 1793 in
den Briefen über Die ästhetische Erziehung des Menschen und
charakterisierte damit das aufscheinende und bis heute
fortwirkende Zeitalter bürgerlichen Wirtschaftens im Zeichen des
Utilitarismus.  
Goethe und Schiller erfuhren und erkannten, zu welchen
Verwerfungen diese allgegenwärtige Nützlichkeitsdoktrin führen
kann: Der immer nur (einseitig) tätige Mensch findet nicht mehr zu sich selbst, er verliert die Harmonie seines Wesens (im
Zusammenspiel von Sinnen und Verstand),  er bildet sich einseitig aus, entfremdet sich von der Natur usw.  
Goethe zeigt in seinen Werken all diese Verlusterfahrungen auf. Bereits im Werther-Roman führt er seinen Protagonisten in eine
(höfische) Lebenswelt und lässt ihn die „fatalen bürgerlichen Verhältnisse“ kennenlernen. Nicht zuletzt
diese Erfahrungen stupiden Arbeitens, der Fremdbestimmung und Unterordnung sind es, die ihn am Ende
des Romans zur Pistole greifen lassen.  
Auch Wilhelm Meister, der Kaufmannssohn, der sich ganzheitlich bilden möchte, wird am Ende des
Romans als Wundarzt einer arbeitsteiligen Tätigkeit nachgehen und „Entsagung“ (so der Untertitel des
zweiten Teils) üben; und am Ende seines Lebens wird Goethe noch einmal signifikant Stellung beziehen zu
den Verwerfungen, die das Jagen nach Macht und Reichtum mit sich bringen.  
Die Faust-Figur (Teil 2, Akt 5), die von sich selbst sagt, daß sie, nach Erkenntnis und Herrschaft strebend, immer nur
durch die Welt gerannt sei, offenbart das Fragwürdige einer auf permanentes Fortschreiten ausgerichteten modernen
Welt. Goethe spiegelt in seinen Texten jedoch nicht allein die Negativerfahrungen, die verweisen auf das
Menschenbild des antiken Griechenlands , was der moderne Mensch selbst unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tun
kann für ein  Leben in Harmonie und Ganzheitlichkeit.
Nicht zuletzt ist es die Kunst selbst, die den Menschen nach einseitiger Anspannung wieder zu sich selbst zurückzuführen
vermag; die Griechen (und Römer) offenbaren zusammen mit ihrer Kunst ein Menschenbild, dem es nachzustreben gelte.
Goethe selbst hatte nach zehn Jahren enervierender Tätigkeit am Weimarer Hofe die Lebenswelt Italiens mit ihren
antiken Kunstwerken zu einer „Wiedergeburt“ verholfen. Und Jahre später noch wird er den Deutschen in der Zeitschrift
Propyläen zurufen: „Jeder sei auf seine Art ein Grieche!“                                                                                          U.H.
                                                                                                                                     
Juni Do 16.6. 18 Uhr Prof.             Dr. Jochen Golz (Weimar )  
Goethes Blicke auf seinen künstlerischen Widersacher Jean Paul  
Jochen Golz skizzierte zunächst  die Entwicklung des literarischen Marktes und der
sich entfaltenden Öffentlichkeit im späten 18. Jahrhundert, in der  Neuerscheinungen
mit großem Interesse, Kritik und Polemik diskutiert wurden, so z.B. Klopstocks  
Gelehrtenrepublik (1774). Neu war z.B. die Form der Subskription, die die
Erwartungen des Publikums spiegelten. Auch politisch wurde der literarische Markt
durch die Auswirkungen der Französischen Revolution beeinflußt.  
In dieser Zeit entwickelte Schiller die Vorstellung der aesthetischen Autonomie, des freien und unabhängigen Kunstwerks, das
sich von der marktgängigen Literatur abhob. Zeitgleich entfaltete sich ein heftiger literarischer Konkurrenzkampf, der u.a. in den
„Horen“, Wielands „Teutschem Merkur“ und den Xenien ausgetragen wurde.   
Als Jean Paul 1796 nach Weimar kam, nach dem Erfolg des Hesperus u.a., betrat er ein Minenfeld  (Golz),
denn Goethe lehnte den Roman als Konkurrenz zum Wilhelm Meister  ab, Wieland und der Hof aber waren
„begeistert“.  Goethes Ablehnung manifestierte sich u.a. in dem epigrammatischen Gedicht Der Chinese in Rom (1796),
wobei der Begriff  Chinese für das Fremdartige schlechthin stand.
Auch in den  „Xenien“ findet sich Kritik an Jean Paul. Im Weimarer Umfeld aber erregte
Goethes Kritik an Jean Paul Unverständnis und Gegenreaktionen, z. B. in der
moralisierenden Ablehnung seiner  Römischen Elegien und seines Verhältnisses zu
Christiane (z.B. Böttiger). Im Laufe der Jahre veränderte sich aber Goethes Ablehnung
gegenüber Jean Paul, da er selbst dessen Stilmittel wie die Groteske als Zeichen der
Moderne begriff. Seine Ambivalenz im Urteil über ihn wiesen auf etwas Neues, das Golz
als Goethe als Romantiker bezeichnete.                                                                   M.E.
August    So, 28.8.                Goethes 273. Geburtstag        Bedlam-Theater im Wirtshaus Moorlake
                                       
Fülle des Lebens Gedichte- Balladen Szenensplitter mit Barbara Wiktor und Hans-Jürgen Frintrop
  Alle sieben Jahre fällt der 28. August naturgemäß auf einen Sonntag und wer vorhat, an einem solchen
Goethes Geburtstag mit über 50 Teilnehmern in oder um Berlin herum zu feiern, der sollte tunlichst
mit der Planung bereits im Frühjahr beginnen.  
Die beiden Corona-Jahre hatten nachhaltige Erosionsspuren in jeder Hinsicht
hinterlassen; man hatte - das wurde bald klar - nicht auf uns gewartet. Die seit Jahren
angebotenen Preise für Kaffee/Kuchen sowie das Abendbuffet lagen eben mal satte
30 % höher als in den Vorjahren. Wo immer ich anfragte nach einem Veranstaltungs-
raum für eine geschlossene Gesellschaft, hieß es lakonisch: extra Saalmiete oder gar als Neuerung:  Tischdeckenzulage Mit dem
Wirtshaus Moorlake, dessen Besitzer ich seit drei Jahrzehnten kenne, haben wir es dann noch halbwegs gut getroffen. Dort gibt es
eine kleine Bühne, man ist literarische Lesungen gewöhnt, die allerdings meistens abends stattfinden.
Nachmittags um drei, wenn draußen bei schönem Wetter der Biergarten voll ist, ist´s dann
schon mal recht lärmig und der Geschirrspüler im Nachbarraum hinter der Bühne läuft im
Dauerbetrieb. Als Programm kam daher nur etwas eher Lauteres ( im phonetischen Sinne )
in Betracht, etwas Heiteres, Burleskes also, ansässig, möglichst in Berlin.  In Vor-Corona-
Zeiten kamen einem im Netz meist einige wenige Goethe-Lesungen oder
Gesangsdarbietungen entgegen, doch diesmal nichts.
Doch halt: Für Oktober war angekündigt: BEDLAM-THEATER Berlin, Fülle des Lebens:
Das Bedlam Theater ist ein professionelles Zwei-Personen-Theater mit Sitz in Berlin. Nach langjähriger
Spielerfahrung an verschiedenen Stadttheatern, gründeten die beiden Schauspieler Barbara Wiktor und
Hans-Jürgen Frintrop 1997 ihr eigenes Theater, ihre Inszenierungen sind temperamentvoll, tiefgründig
und voller Komik.  
Bedlam-Hospital, hieß so nicht das Irrenhaus in London zu Shakespears Zeiten? Wikipedia gab
Auskunft: Der Begriff Bedlam hat als Synonym für Chaos oder Tumult Eingang in die englische Sprache
gefunden. Na also, schien doch zu passen. Ein Anruf genügte, der 28.8. wurde vereinbart.  
Das Bühnenprogramm, streckenweise wirklich ziemlich burlesk und lautstark vorgetragen, empfanden
manche unserer doch recht anspruchsvollen Mitglieder, die eher Goethes feinen Humor bevorzugen, dann doch als recht klamaukig. Da sein Werk
bekanntlich wenig Chaotisches enthält, wechselten die beiden Darsteller zuweilen ins Gefühlvolle und deklamierten die sogenannten  Highlights.
Doch der Erlkönig oder Gretchen am Spinnrad inmitten der erwähnten Geräuschkulisse vorgetragen, das kann einfach nicht gut gehen. Zum
Berliner Maximal-Lob : Kann man nicht meckern, reichte es daher nicht; tatsächlich wurde beim anschließenden Spaziergang hinunter zur Havel
hier und dort gelästert, doch kaum waren wir unten am Wasser, über das in der spätsommerlichen Abendsonne Segelboote glitten, waren alle wieder
versöhnt.
So sollte ein gelungener Goethe-Geburtstag sein, mit Gesprächen ohne Abstand und Maske, wie in der
alten Normalität halt. Das Fazit des diesjährigen Goethe-Geburtstages; Eine ungewöhnliche, leicht
chaotische Darbietung von Goethe-Texten, danach ein ausgezeichnetes kulinarisches Angebot, wie wir es
nicht immer erlebt haben und anschließend die selbstverständliche Bildung von Fahrgemeinschaften,
damit niemand durch den nun dunklen Wald zu Fuß gehen mußte.      B.S.
Erste Septemberwoche 6.9., 8.9. und 13.9. Drei Lesenachmittage zum Jahresthema: Goethe in der Auseinandersetzung                                                                                                         
Leitung Wolfgang Jorcke  
In der friedlichen Umgebung von Frau Schuberts schönem Garten fanden auch in diesem Jahr wieder die Lesenachmittage
statt.
Di. 6.9.   Auseinandersetzung im Sturm und Drang Goethes Satire Götter,
Helden und Wieland  und dessen gelassene Reaktion
Do. 8.9. Die durchaus streitbaren Dioskuren Goethe und Schiller - Trotz
unterschiedlichster Sichtweise ein einvernehmliches Arbeitsverhältnis
Di. 13.9. Goethes wiederholte Begründung für seine von den meisten  
seiner Zeitgenossen unverstandene Wertschätzung Napoleons
Der erste Lese-Nachmittag befaßte sich mit dem Zustand der Literatur in der Zeit des
jungen Goethe, in der Satire und Kritik zu den „Erbfeinden alles
behaglichen Lebens“ zählten.  Die Rezeption Shakespeares
wurde durch die Übersetzung Wielands eher verstellt als
ermöglicht.  
Zunächst lasen wir Passagen aus Goethes - den meisten eher
unbekannter - Farce Götter, Helden und Wieland , deren
Entstehungsgeschichte uns Wolfgang Jorcke zuvor erläuterte.
Wieland-Prinzenerzieher am Weimarer Hof hatte in seinem Singspiel Alceste die Tugendhaftigkeit der Figuren gegen das Heroische der idealen
Helden in Euripides' antiker Tragödie Alkestis herausgestellt.
Das ging dem jungen Goethe in Frankfurt, der die Autoren der griechischen Antike dem sachtem, glattem Rokoko längst vorzog, über die
Hutschnur. So brachte er an einem Nachmittag stürmend und drängend, die gewagte Farce zu Papier. Überdies wurde das Werkchen auch noch
gedruckt. Wieland reagierte weltmännisch, indem er den Druck im Merkur anzeigte und Goethes Farce in der Juni-Ausgabe 1774 seiner Zeitschrift
als Meisterstück von Persiflage lobte. Goethes Persiflage löste weitere Satiren aus, so Hottingers Posse „Menschen, Tiere und Goethe“.
Der zweite Lesenachmittag war der Entwicklung der Beziehung zwischen Goethe
und Schiller gewidmet und wie sich diese in ihrer umfangreichen Korrespondenz
im Zeitraum 1794-1805 entwickelte. 1789 hatte Schiller noch wenig Sympathie für
Goethe, er erschien ihm als ein „Egoist in ungewöhnlichem Grade“, im höchsten
Genuß der Eigenliebe. 1794 entwickelte sich langsam ein Vertrauensverhältnis,
denn Goethe zog Schiller in seine Überlegungen zur „Metamorphose der Pflanzen“
mit ein. 1796  debattieren sie über den entstehenden Wilhelm Meister, dazu lobte
Goethe eigens  Schillers Einwände und seine „warnende Freundschaft“. 1798
erwähnte Schiller gegenüber Körner die „schönsten Früchte“ seiner Beziehung zu
Goethe, der 1795 an Schiller schrieb: Lieben Sie mich, es ist nicht einseitig.
Der dritte Lesenachmittag war Goethes lebenslanger Bewunderung für Napoleon Bonaparte gewidmet, die in Anbetracht der
Besetzungen Deutschlands durch Frankreich seit 1806 nahezu allen Zeitgenossen und Freunden ein Rätsel war. Zunächst
kreisten die von Wolfgang Jorcke ausgewählten Texte  um die Rezeption Shakespeares und seiner Figuren im Sturm und
Drang sowie um das Themenfeld des Faszinierenden und  Dämonischen.  
Um 1800 aber manifestierte sich das Dämonische für Goethe verstärkt  in der Person
Napoleons, den er 1808 persönlich in Erfurt traf. traf. Die Begegnung war für ihn so
außerordentlich, wie er berichtete, daß er nie Höheres und Erfreulicheres erlebt habe
(2.12.1808 an Cotta). Auch später wird das Phänomen Napoleon für ihn nicht faßbar,  
nicht durch Verstand und Vernunft auflösbar. Die Faszination Goethes war so groß,
daß er selbst dessen politischen und militärischen Niedergang nicht erkennen wollte.
In der Diskussion wurden positive und negative Parallelen zum Dämonischen in der jüngeren Geschichte debattiert, vor allem
Hitler, der auf sein Umfeld eine ähnliche Wirkung gehabt zu haben schien.                                                                              M.E.
September, Do 22.9., 18 Uhr                       Dr. Manfred Osten (Bonn)  
Goethe- ein Gegner der kranken Lazarettpoesie der Romantiker                           
  
Erneut verweist uns der Referent auf sein aktuelles Buch Die Welt, ein großes Hospital, diesmal auf das letzte
Kapitel des ersten Teils, das die Überschrift trägt: Lazarett-Poesie. Tatsächlich stammt der Begriff von niemand
anderem als unserem Dichter und Goethe sei hier im Originalton zitiert. Dieser datiert vom 24. September 1827
aus einem seiner Gespräche mit Eckermann und dort lesen wir:  
„Ein  bekannter  deutscher  Dichter  war  dieser  Tage  durch  Weimar
gegangen  und hatte Goethen sein Stammbuch gegeben. Was darin  für
schwaches  Zeug  steht,  glauben  Sie  nicht,  sagte  Goethe. Die  Poeten
schreiben alle, als wären sie krank und die ganze Welt ein Lazarett. Alle
sprechen sie von dem Leiden und dem Jammer  der Erde und von den
Freuden des Jenseits und unzufrieden, wie schon alle sind, hetzt  einer
den andern in noch größere Unzufriedenheit hinein. Das ist ein wahrer
Missbrauch  der  Poesie,  die  uns  doch  eigentlich  dazu  gegeben  ist,  um  die  kleinen  Zwiste  des  Lebens
auszugleichen und den Menschen mit der Welt und seinem Zustand zufrieden zu machen. Aber die jetzige
Generation fürchtet sich vor aller echten Kraft, und nur bei der Schwäche ist es ihr gemütlich und poetisch zu Sinne. Ich habe ein gutes Wort
gefunden, fuhr Goethe fort, um diese Herren zu ärgern. Ich will ihre Poesie die ›Lazarett-Poesie‹ nennen; dagegen die echt ›tyrtäische‹ diejenige,
die […]  auch den Menschen mit Mut ausrüstet, die Kämpfe des Lebens zu bestehen. Goethes Worte erhielten meine ganze Zustimmung.
In den Werken der Romantiker und auch in ihren Äußerungen meint er, Tendenzen einer Immunitäts-
Schwächung zu erkennen. Goethe hatte nun einmal so Osten die Partei der Natur ergriffen, indem er
in ihr das Leben als ihre schönste Erfindung erkannt hatte und er war daher überzeugt, daß ihr Fluch auf
allen Extremen lag, ein Geheimnis, welches sie nur dem Gesunden eröffne. Das lebensgefährdende Ultra
hatten für ihn insbesondere die Romantiker wie Novalis und Friedrich Schlegel zum Prinzip erhoben.
Verbinde die Extreme so hatte es Schlegel als einer der bedeutendsten Theoretiker und Kritiker der
romantischen Bewegung in Deutschland formuliert und Novalis hatte ähnlich behauptet: das wahre Genie
verbindet die Extreme. Goethes Romantiker-Opposition gründe so der Referent   ferner auf seiner Analyse lebensfeindlicher Tendenzen,
die er in deren Texten, allenthalben finde. Goethe selbst sei dieser Mißbrauch der Poesie durch die Romantiker immer wieder begegnet und wieder
hören wir den Dichter im Original Ton: Das Klassische nenne ich das Gesunde und das Romantische das Kranke. Dieses apodiktische Urteil nimmt
er sogar in sein Werk auf in die Sprüche in Prosa.
Ein ähnlich gefährdetes Talent erkennt Goethe auch in Victor Hugo. Seine  Lektüre von dessen
Roman Der Glöckner von Notre Dame sei mit starkem physischen und psychischem Unwohlsein
verbunden gewesen. (Gespräch mit Eckermann) Goethe im Originalton zu Eckermann: Er ist ein
schönes Talent, sagte Goethe, aber ganz in der unselig-romantischen Richtung seiner Zeit
befangen, wodurch er denn neben dem Schönen auch das Allerunerträglichste und Häßlichste
darzustellen verführt wird.  
Ich habe in diesen Tagen seine ›Notre-Dame de Paris‹ gelesen und nicht geringe Geduld
gebraucht, um die Qualen auszustehen, die diese Lectüre mir gemacht hat. Es ist das abscheulichste Buch, das je geschrieben
worden! Auch wird man für die Folterqualen, die man auszustehen hat, nicht einmal durch die
Freude entschädigt, die man etwa an der dargestellten Wahrheit menschlicher Natur und
menschlicher Charaktere empfinden könnte.  
Sein Buch ist im Gegentheil ohne alle Natur und ohne alle Wahrheit! Seine vorgeführten sogenannten
handelnden Personen sind keine Menschen mit lebendigem Fleisch und Blut, sondern elende hölzerne
Puppen, mit denen er umspringt wie er Belieben hat, und die er allerlei Verzerrungen und Fratzen
machen läßt, so wie er es für seine beabsichtigten Effekte eben braucht. Was ist das aber für eine Zeit,
die ein solches Buch nicht allein möglich macht und hervorruft, sondern es sogar ganz erträglich und
ergötzlich findet!( 27.Juni 1831)
Als Gegenbild dieser gegensätzlich romantischen Immun-Schwächung des Lebens verwies der Referent abschließend auf
Goethes grundsätzliche Therapieempfehlung in den chinesisch Deutschen Jahres und Tageszeiten: Sehnsucht ins Ferne künftige zu beschwichtigen/
beschäftige dich hier und heute im Tüchtigen.                                                                                                                                 B.S.
Oktober Do 13.10., 18 Uhr Prof. Dr. Uwe Hentschel (Berlin/Chemnitz)  
Goethe und die Unterhaltungsliteratur
Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts entstand der moderne Buchmarkt; es
wurden mehr Bücher hergestellt als potentiell Leser vorhanden waren,
obgleich deren Zahl stetig stieg. Angebot und Nachfrage bestimmten die
Literaturgesellschaft. Das hatte Konsequenzen für alle, vor allem für die
Verleger und die Autoren, die sich plötzlich mit neuen Leserbedürfnissen
konfrontiert sahen; immer mehr Leser wollten informiert und unterhalten  
werden. Diesen Paradigmawechsel auf dem Buchmarkt machte der Referent
zitatenreich anschaulich.  
Goethe und Schiller waren unterschiedlich von diesen Vorgängen betroffen. Während Schiller aufgrund seiner andauernd
prekären Lebenssituation immer wieder Zugeständnisse, die Unterhaltungsbedürfnisse betreffend, machte (z. B. Der
Geisterseher), mußte Goethe dergleichen Kompromisse nicht eingehen. Und so ist es auch Schiller gewesen, der sich in
mehreren Schriften (z. B. in Über naive und sentimentalische Dichtung) und Rezensionen (Bürger-Kritik) mit dem neuen  Phänomen theoretisch auf
dem Buchmarkt auseinandersetzte.  
Einig waren sie sich, wenn es darum ging, sich von den platten Nachahmern und Trivialautoren wie
August Kotzebue zu distanzieren, die die Leserschaft vor allem mit „Geistesruh
e“ (Schiller) lockten
und nur die Sinne beanspruchten. Zwar äußerten sich Goethe und Schiller immer wieder kritisch zum
Erstarken der Unterhaltungsliteratur (zum Beispiel in den Xenien), in denen sie  z. B. Friedrich Nicolai
und die „Leipziger Geschmacksherberge“ mit Christian Felix Weiße und seiner Neuen Bibliothek der
schönen Wissenschaften und der freyen Künste, angriffen.
Entscheidend war doch, daß sie sich durch eigene mustergültige Werke von ihr distanzierten.  
Sie schufen in Abgrenzung von der seichten Tagesliteratur Texte, die den Maßgaben des in sich
Vollendeten und Autarken folgten und so Allgemeingültiges, auf das Wesen des Menschen Zielendes, zum
Ausdruck brachten, Werke, die es uns bis heute ermöglichen, daß wir beim Lesen anschauend zu
Erkenntnissen gelangen, die über den Tag hinaus Gültigkeit beanspruchen dürfen.  
Nicht zuletzt ist es Goethe gewesen, dem es darum ging, Gesetzmäßiges ins Bild zu setzen (im Symbol, im
Urphänomen usw.), um auf diese Weise Sinne und Verstand anzusprechen; darin bestand sein Kampf gegen
die Hydra der Empirie, ein Ungeheuer, dem sich die Unterhaltungsliteratur, die nur die Sinne befriedigte,
bis heute anheim gibt. Mit dem Projekt Weimarer Klassik haben sich Goethe und Schiller in Opposition gebracht zur
marktgängigen Unterhaltungsliteratur und ein Zeichen gesetzt, das weithin sichtbar ist.                                                   U.H.
November Do 17.11., 18 Uhr Prof. Dr. Ernst Osterkamp (Berlin)  
Goethe - ein Weltbürger in den Zeiten des Nationalismus  
Dem Referenten war es zunächst wichtig, die Begriffe, die im Zusammenhang mit seinem
Thema stehen, ausführlich zu erklären: Nation, Patriotismus und Vaterland. Dabei
erwies sich, daß Goethe (wie auch seine Zeitgenossen) nur in einem sehr
eingeschränkten Sinne, Patriot eines deutschen Vaterlandes sein konnten. In einem
Reich, das sich aus mehr als 300 politischen Herrschaftsbereichen zusammensetzte,
konnte kein deutsches Nationalgefühl entstehen; man verstand sich als Sachse, Hesse
oder Thüringer, jedoch nicht als Deutscher; erst allmählich entwickelte sich die Idee einer
deutschen Kulturnation, an der Goethe selbst entscheidend beteiligt war. In dem deutschen
Vielvölkerstaat war es demnach einfacher, ein Weltbürger zu sein.  
In den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts veränderte sich mit der Französischen Revolution und ihren Folgeerscheinungen die Sicht auf die
Begriffe. Verstand man unter Vaterland bis dahin den Ort, an dem man so Osterkamp seine Bildung erlangte und war von Patriotismus zumeist
nur im nichtpolitischen Sinne (Kulturpatriotismus) die Rede, so bezeichnete sich als Patriot, wer sich zur Revolution bekannte. Und schon bald tat
dies der Deutsche in den Befreiungskriegen, der den Franzosen aus dem Land treiben wollte.
Goethe stand in Opposition zu solchen Ambitionen. In Hermann und Dorothea, wo das Wort „Weltbürger“
an zentraler Stelle einen Platz findet, wird gezeigt, wie man über philiströsen Kleingeist, der sich allein auf
die eigene kleine Sozietät bezieht, hinauswächst und sich der/dem Fremden
zuwendet. Und auch später wird Goethe den beschränkten Nationalismus
der Deutschen während der Rheinbundjahre nicht teilen. Als Verfechter
einer Friedensordnung (wie z. B. der Text Kampagne in Frankreich belegt)
glaubte er an Napoleon, den er für den Einzigen hielt, der die Stärke und
Weitsicht zu besitzen schien, die nötig waren, um Europa eine stabile
Friedensordnung zu geben. Als seine dichtenden Zeitgenossen
nationalistische Töne anschlugen, wandte sich Goethe dem West-östlichen
Divan zu.                                                                                                               U.H.
Dezember 3.12. Buchhändlerkeller Dr. Dagmar von Gersdorff - Lesung: Die Schwiegertochter - Ottilie von Goethe
Nach zwei Jahren Corona-bedingter Pause konnten wir Anfang Dezember wieder zu einer
winterlichen Sonderveranstaltung einladen. Diese fand aber nicht - wie in all den Jahren zuvor -
im Bruckner-Foyer des Renaissance-Theaters statt, sondern im Buchhändlerkeller am Steinplatz
in Charlottenburg, einem besonderen Ort für Freunde der Literatur.
Unser langjähriges Mitglied Dagmar von Gersdorff, Bestseller-Autorin des Insel-Verlags u.v.a.
von Goethes Mutter, Marianne von Willemer und Goethe, Goethes Enkel sowie Bettina und
Achim von Arnim, las für uns aus ihrem neuen Buch. In ihrer neuen Biographie zeichnet sie ein lebensnahes Bild der
Ottilie von Goethe, eine geb. von Pogwisch, stammend aus dem uralten Adel der Henckel v. Donnersmarck, als eine der
unkonventionellsten, faszinierendsten, auch umstrittensten Frauen ihrer Zeit.
Obwohl ihre adelsstolzen Verwandten die Ehe mit August, dem unehelich geborenen Sohn des Dichters, nicht billigten, kam die Heirat zustande.
Ottilie hatte dabei hauptsächlich ein Ziel: Goethes Schwiegertochter zu werden. Die Ehe mit August erwies sich als problematisch, doch eine
gemeinsame Reise beider nach Berlin, quasi als Abgesandte des Dichters, wo man ihnen sämtliche Ehren erwies und die Geburt der drei Kinder
Walter, Wolfgang und Alma, vermochten in den ersten Jahren die grundsätzliche Verschiedenheit beider Charaktere zu überdecken.
Bald suchte Ottilie Trost in diversen Liebschaften. Doch ihre Heiterkeit, Intelligenz und Hilfsbereitschaft machten sie
ihrem Schwiegervater bald unersetzlich. Nach Augusts frühem Tod sah Ottilie in der Sorge für den Schwiegervater  und
sein Werk ihre Lebensaufgabe. Und er förderte die geistigen Interessen der Mutter
seiner drei Enkelkinder.
Für Goethe war sie in den letzten Lebensjahren die geliebte Tochter, mit der er oft
Rücksprache hielt und deren Meinung er schätzte. Die Schwiegertochter des
Dichterfürsten strebte nach Selbstverwirklichung und lehnte sich gegen starre
Rollenbilder auf. Sie saß in den letzten Stunden an seinem Sterbebett, Goethes letzte
Worte gehörten Ottilie. Nach Goethes Tod führte sie ein unstetes Leben zwischen Weimar, Wien und Italien.
Den geistigen Größen ihrer Zeit durch Freundschaften verbunden, genoß sie, nicht nur als Goethes
Schwiegertochter, bis zuletzt hohes Ansehen. Dagmar von Gersdorff vermittelte uns das Bild einer geistreichen, liebeshungrigen, unkonventionellen
Frau und ihr gelang es, in dieser Studie zwei zentrale Aspekte der Biographie Ottilies überzeugend zu verschränken. Eine neue Betrachtungsweise,
die Ottilie aus heutiger Sicht als modern erscheinen lässt.                                                  B.S.
Dezember Do 8. 12., 18 Uhr      Dr. PD Michael Jäger  
Goethe, Faust und der Saint-Simonismus  
Michael Jäger befaßte sich mit einem Thema, das Goethe in seinen letzten Lebensjahren bei der  
Fertigstellung von „Faust II“ verstärkt beschäftigte, dem sogenannten Saint-Simonismus. Zunächst
erläuterte er, worum es sich bei dem neureichen französischen Grafen Henri de Saint Simon und
dessen sektenartiger Bewegung handelte. Dessen moderner Reichtum beruhte auf gigantischen
Kanalbauten, die er in Mexiko auf requirierten Ländereien anlegen ließ  und dessen Biographie  
Goethe 1830 las, während er am 5. Akt des Faust arbeitete.  
In seinen Schriften vertrat Saint-Simon die revolutionäre Ansicht, daß nur die „Industriellen“ d. h.
die durch Arbeitsfleiß,  Dienstleistungen und vor allem Güter produzierenden Individuen, nützliche Mitglieder der
Gesellschaft seien, und daß der Anteil des Einzelnen am gemeinsam erwirtschafteten Wohlstand ausschließlich nach seiner
eingebrachten Leistung zu bemessen sei womit parasitäre Klassen wie der Adel, die Rentiers, aber auch Zwischenhändler aller Art leer ausgingen,
während sowohl die Unternehmer als auch die Arbeiter jeweils ihre angemessene Entlohnung erhielten.  
Der Vortrag zeigte, wie die kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema in die letzten beiden Akte von „Faust II“
eingeflossen ist, so die Arbeitspflicht und die permanente Arbeitsbewegung in den gewaltigen
Anstrengungen zur Landgewinnung durch ein Heer von Arbeitern. Dem Glück aller wird das des
Einzelnen untergeordnet, so etwa  beim gewaltsamen Tod von Philemon und Baucis und dem
Wanderer, die mit ihrer Hütte den gewaltigen Landgewinnungs-Unternehmen im Wege stehen.
Der Referent veranschaulicht, wie Goethe Fausts Streben im 4. und 5. Akt nachweislich anlehnt an
die moderne Saint-simonistische Ideologie, die das goldene Zeitalter  des allgemeinen Glücks  in
einer komplett umgestalteten  und neu-organisierten Welt verkündet, in der der Einzelne nur noch als Teil des Ganzen
handelt.
  
Die Informationen über die neue Bewegung und die entsprechenden Debatten darüber bezog Goethe
insbesondere aus der Lektüre der  französischen  Zeitschrift Le Globe. Diese frühsozialistischen Glücksutopie beinhaltete
Vorstellungen einer allgemeinen Arbeitspflicht, Abschaffung des Erbrechts ebenso wie der alten Religionen, obwohl sich
wesentliche christliche Momente hier wieder finden. Eigentum und Vermögen erwirbt sich der Einzelne allein aufgrund seiner
Arbeitsleistung  im kollektiven Produktionsprozeß. So stand Im Zentrum das Ziel:  Das Glück aller und der Aufbau einer
neuen Welt
Der Referent hob besonders hervor, daß der erblindete Faust von den großen Fortschritten nur durch Mephistos Erzählungen
erfährt, diese nicht real sind - wodurch gerade der utopistische und prä-totalitäre Charakter der Saint-Simonistischen Ideen
betont wird.
Erst 1831 konnte Goethe sein „Hauptgeschäft“, den „Faust“, abschließen und das Manuskript versiegeln. 1773 hatte er in Frankfurt damit
begonnen, in Italien 1788 fortgesetzt und mit langen Unterbrechungen in Weimar vollendet. Es folgte eine lebhafte Diskussion mit dem
Auditorium, bei der sowohl vom Referenten als auch von den Zuhörern wiederholt augenfällig Gegenwartsbezüge festgestellt wurden.      M.E.
                                
      Goethe Gesellschaft Berlin e.V.  – Jahresrückblick 2023    
Januar
    
Do, 12.1:                                                                                                           
Dr. Manfred Osten (Bonn) Einführungsvortrag
So ging es allenfalls.  
Mach´s einer nach und breche  nicht den Hals
                                                           
Xenien  
Zur Aktualität der Umbrüche und Krisen
in Goethes Leben und Werk für das 21. Jahrhundert
Die Einführungsveranstaltung mit Manfred Ostens Vortrag zum Jahresthema 2023 „Zäsuren und Umbrüche
in Goethes Leben und Werk“ war nach zwei Corona-Jahren, in denen uns die Anthroposophen als
Freidenker mit ihrem geräumigen Saal ein Domizil geboten hatten, das uns gestattete, alle geplanten
Vorträge  durchzuführen, die letzte Veranstaltung im Dahlemer Rudolf-Steiner-Haus.
Der Referent beschrieb einige jener Lebensstationen  Goethes, in denen dieser in Weimar als engster Freund
des Herzogs Carl Augusts und dessen Berater sehr bald  gebunden war durch Loyalitäts-Verpflichtungen als
Minister, nicht nur in krisenhaften Zeiten, sondern vor allem auch in jenem Jahrzehnt der Besetzungen
durch französische Truppen und der  Kriege gegen Napoleon, den er zeitlebens bewunderte.  Die Intention
des Vortragenden war der Nachweis, daß es Umbrüche und Krisen waren, mit denen es Goethe gelang, die
Metamorphosen zu vollziehen, mit denen es ihm gelang,  die Pyramide des  Daseins so hoch wie möglich in
die Luft zu spitzen und zwar in der Verschränkung mit seinem Werk.
Es ging  Manfred Osten daher darum,  an Beispielen der wichtigsten biographischen und historischen
Umbrüche und Krisen in Goethes Leben diesen Prozess zu erhellen:  
Etwa die physische und psychische Krise der Leipziger Studienzeit (Briefe und Oden an den
Freund Behrisch), die Bewältigung der Suizidgefahr (Werther) ; die Überwindung der
produktiven Schaffenskrise in Weimar (Flucht nach Italien) ; das schrecklichste aller
Ereignisse, die Französische Revolution  (Hermann und Dorothea) , die Lebensgefahr und
drohende Plünderung seiner Scripte 1806 (Fertigstellung Faust I) bis hin zu den historischen
Umbrüchen der Juli-Revolution 1830 (Faust II.; 5. Akt)  
Dies alles suchte er zu bewältigen mit der zunehmenden  Fähigkeit, Rückschläge  und Verluste  zu meistern – im 21.
Jahrhundert würden wir dies bezeichnen als  Resilienz-Steigerung – nach dem Motto : Durch Stolpern kommt man
bisweilen weiter, man darf nur nicht fallen und liegen bleiben. Diese Bemerkung richtete er an seinen langjährigen
Freund , den Geologen Hans Christian Mahr, der ihn am Vorabend seines letzten Geburtstages am 27. August 1831
auf den Kickelhahn begleitete.
Der Referent wurde  nach seinem Vortrag von der Berliner GG mit der Ehrenmitgliedschaft
ausgezeichnet; er erhielt diese für die 22 Vorträge, die er in den letzten zwei Jahrzehnten für uns
stets in freier Rede hielt und weitere 12 Podiumsdiskussionen, an denen er beteiligt war.
Als Dankeschön und zur Nachfeier des runden Geburtstages sowie zum
Abschied für unsere anthroposophischen Gastgeber , die ja über eine große
Bühne verfügen, spielte Manfred Osten, der seit Jahrzehnten nie ohne seine
Bratsche reist,  mit seinen professionellen Musikfreunden  noch für uns einen
Satz aus Mozarts G-moll-Streichquartett.  
Ist er als Referent angekündigt, können wir stets ein volles Haus erwarten und so
wünschen wir uns, er möge noch häufig den Weg nach Berlin finden.
Februar     Do. 16.2.                                                                                                      
Beate Schubert (Berlin)  
Zwischen Tändelei und Tod und Teufel  
Mitten im Rokoko zurück in die Renaissance-
Goethe entdeckt Shakespeare  
Dies war die erste Veranstaltung am neuen Ort, im Berliner Buchhändlerkeller. Die
Vorsitzende weist darauf hin, daß der Umzug hierher zwei Vorteile bietet, zunächst
liege er zentraler und zweitens besitze der Verein einen Verteiler, durch den es möglich wird, mehr als 4000 Buchinteressierte auf unsere Veranstaltungen
aufmerksam zu machen. Unsere Gastgeber sind Petra Fleing, die Vorsitzende des BHK und Jürgen Tomm, der ehemalige Feuilleton-Chef des rbb. Und
um die Eignung zu testen, probiert sie ihn mit einem Power-Point-Vortrag im Februar gleich
selbst aus.  
Im Herbst 1765 beginnt für den 16-jährigen Goethe ein neuer Lebensabschnitt. Er soll der
Laufbahn des Vaters folgen und in Leipzig das Jurastudium beginnen.Der junge Goethe
wechselt nicht nur seine Umgebung, er wechselt auch die Epoche. Hier blüht bereits das
Rokoko, man flirtet und flaniert, es ist die Zeit der Rocaillen
und Schäfergedichte. Bereits
nach wenigen Besuchen beginnen Goethe die diversen Jura-Veranstaltungen  zu langweilen.
Mehr verspricht er sich daher zunächst von den Vorlesungen des Philosophen und
Literaturwissenschaftlers Johann Christoph Gottsched. Dieser propagiert in seinem Hauptwerk, der Critischen Dichtkunst : die
Poesie habe Regeln zu folgen, die sich mit den Mitteln der Vernunft begründen. Das ist nichts für Goethe.  
In Leipzig hat er alsbald Käthchen kennengelernt, die Tochter des Weinhändlers und Gastwirts Schönkopf, die
häufig dort bei Hochbetrieb als Kellnerin aushilft. Ad hoc ist er für sie entflammt. Käthchen wird
übereinstimmend geschildert als hübsche, etwas kokette, kluge junge Frau, die sich unbefangen gibt und
offenbar sehr schlagfertig ist. Die über zwei Jahre währende Beziehung zu ihr verläuft – wie wir das den
zahlreichen späteren Briefen an den Freund Behrisch entnehmen können – überaus stürmisch.  
Zunächst überschüttet er sie mit Huldigungen und anakreontischen Tändel-Gedichten, wie sie gerade en vogue
sind  und mit Versen geschmückten Erzählungen, in denen er elegante Belanglosigkeiten über Mädchen,
Zephyre, Haine, Amor und geraubte Küsse schreibt. Eine seiner ersten kurzen Erzählungen trägt den
Titel: Die Kunst, die Spröden zu fangen. Goethes Episteln der nächsten Monate zeugen indes schon
davon, daß ihn die Tonart dieser künstlichen  Rokoko-Zärtlichkeiten bald zu nerven beginnt. Aus den
Briefen zunächst an die Schwester Cornelia , dann an den Freund Langer und schließlich an den
Vertrauten Behrisch klingt ein ganz anderer Stil; dieser authentische Ton, der nun einsetzt, bricht sich zunehmend Bahn. Und
das hat Gründe. Im Frühjahr 1767 hat er nämlich ein Buch des Engländers William  Dodds erworben mit dem Titel  Beauties
of Shakespeare, eine Kompilation  all jener Highlights- heute würden man sie bezeichnen als must reads- die dieser Autor
aus den Dramen Shakespears zusammen getragen hat.
Im 11. Buch von Dichtung und Wahrheit beschreibt Goethe, was die Lektüre damals bei ihm
ausgelöst hat: so erinnere ich mich noch als einer der schönsten Epochen meines Lebens
derjenigen, welche gedachtes Werk bei mir bezeichnete. Jene herrlichen Eigenheiten, die
großen Sprüche, die treffenden Schilderungen, die humoristischen Züge, alles traf mich einzeln
und gewaltig.  
Goethes Englischkenntnisse sind in Leipzig  anfangs noch  mittelprächtig, reichen  jedenfalls nicht aus,
um Shakespears  Dramen, auf die er sich stürzt,  hintereinander weg im Original zu lesen. Doch –
welch günstige Fügung – just zu diesem Zeitpunkt wird die erste deutsche Übersetzung publiziert.   
Christoph Martin Wieland, der Herausgeber des Deutschen Merkur, hat in den letzten vier Jahren von
1761- 66 insgesamt 22 Shakespeare-Stücke übersetzt, die  unter dem Titel Theatralische Werke
erscheinen. Goethe ist fasziniert von dieser einzigartigen, für ihn völlig neuen Sprache. Die Komödien
und Tragödien des Renaissance-Dichters in ihrer unverwechselbaren Dikton, ihrem einzigartigen
Wortschatz und ihrer stilistischen Vielfalt, sind für den 20-jährigen gleichsam eine Offenbarung.  
Bis an sein Lebensende wird Shakespeare von nun an sein Vorbild bleiben, ein Wortakrobat, der alle
literarischen Sprachniveaus und-register gleichermaßen beherrscht, dessen Repertoire mühelos vom
niedrigsten Gossenslang bis zur höchsten Hofsprache reicht. Im Oktober 1771 hält er vor Freunden eine
emphatische Rede betitelt:  Zum Schäkespeare-Tag.  Von nun wird er als  dichterisches Vorbild  in den
nächsten zwei Jahrzehnten nur noch Shakespeare gelten lassen.
März  Do,  16.3.
Prof. Dr. Albert Meier (Kiel)
Heilig glühend Herz  
Prometheus
Goethes revolutionäres Dichten  
im Sturm und Drang
Was man in Deutschland seit jeher als ›Sturm und Drang‹ bezeichnet, das gilt überall sonst als die
erste markante Phase eines radikal neuen Kunst- und Literaturverständnisses: als der Einstieg in die
›Romantik‹. Daß Goethe dabei die Vorreiter-Rolle übernimmt, ist ganz wesentlich dem
Glücksumstand geschuldet, daß er 1770 in Straßburg Johann Gottfried Herder begegnet ist.  
Im Angesicht der für spezifisch ›deutsch‹ gehaltenen Gotik hat Herder in Goethe das Interesse an
einer ›unfranzösischen‹, nicht mehr von Regeln geleiteten Dichtung geweckt und ihn zugleich in dem
Bewußtsein bestärkt, selbst zu ähnlich großen Leistungen wie Erwin von Steinbach, der vermeintliche
Erbauer des Münsters, oder gar wie Shakespeare befähigt zu sein.
Seine Straßburger Erfahrungen bewirken in Goethe eine entschiedene
Abkehr von der Rokoko-Ästhetik zugunsten einer Poesie des
›Charakteristischen‹, in der die individuelle Ausdruckskraft des
jeweiligen Dichters frei zur Geltung kommen kann. In diesem
Zusammenhang entstehen zunächst scheinbar formlose Hymnen wie
Wanderers Sturmlied oder Prometheus, schließlich dann der Götz von
Berlichingen und Die Leiden des jungen Werthers.  
Hier referierte ein Germanist über die Goethischen Sturm- und Drang-Dichtungen, der dies vier Jahrzehnte lang vor
mehreren Studentengenerationen getan hat; klar verständlich und nachvollziehbar auch für die Gäste des BHK, die bei
unserem Dichter noch nicht so sattelfest sind. Der Vortrag kam sehr gut an; erneut ein volles Haus und viel Applaus.
April     Do  13.4.  
Prof. Dr. Uwe Hentschel (Berlin/Chemnitz)  
Es spricht kein Gott, es spricht dein eignes Herz  
                                                 Iphigenie auf Tauris, v. 493
Goethes „Iphigenie“ – Zeitenwenden in Weimar und auf Tauris
Selbiges gilt für Uwe Hentschels Vortrag, der allerdings nicht so sehr auf bereits lang Bewährtes zurückgriff, sondern den
Zusammenhang herstellte zwischen der Situation Goethes als Leiter der Kriegskommission – als dieser war er zuständig für
die Haltung Sachsen-Weimars gegenüber Friedrich II. und dessen Begehren an der Beteiligung des Landes Sachsen-Weimar
mit Rekruten  an einem neuen von ihm  geplanten Erbfolgekrieg 1779  – und der Verarbeitung dieser Ereignisse in der
gleichzeitig mit den Soldaten-Aushebungen entstehenden Prosa-Fassung seiner Iphigenie auf Tauris. Das Wort Ukraine
schwebte ungesagt im Raum.  
  Friedrich II., der Großonkel des Herzogs, drohte nun erneut unverhohlen damit,
preußische Husarentrupps würden in Sachsen-Weimar Rekrutenaushebungen
durchführen, wenn das Land keine Soldaten freiwillig schicke. Bereits im Februar
ernannte Carl August  Goethe daher kurzerhand nach einer Krisensitzung des
Consiliums  zum Kriegskommissar.  
Noch in derselben  Nacht verfasste er  – explizit nur  für den Herzog –  eine
umfängliche Denkschrift : Über die „Zulassung oder Ablehnung preußischer
Truppenwerbungen im Lande. Darin faßt er alle Gesichtspunkte, die seiner Ansicht nach zu berücksichtigen seien,
souverän zusammen und analysierte  die Konsequenzen, die aus der jeweiligen Entscheidung folgen würden.  Quintessenz der Denkschrift: Es sei des
Herzogs Pflicht, Gesinnung und Wunsch, seine Lande und Unterthanen vor den Beschwerden des benachbarten Kriegs auf das möglichste zu schützen.   
Füge man sich dem Begehren des Königs, so müßte Weimar als nächstes entscheiden, ob es eigenmächtige preußische Werbungen erlauben und sie dann
entweder ohne zahlenmäßige Begrenzung zulassen oder doch versuchen will, sich mit dem Gegenspieler über eine gewisse Anzahl abzugebender
Mannschafft zu verständigen. Erwählt man das erste, so werden diese gefährliche Leute sich festsetzen, das Freiwilligkeitsprinzip solcher
Söldneranwerbungen mit List und heimlicher Gewalt durchbrechen, eine große Anzahl wegnehmen und selbst die im Weimarer Militär dienenden
Soldaten abzuwerben versuchen. Wolle  man dagegen  entschließen, eine Auswahl selbst zu machen und ihnen die Leute auszuliefern; so ist darin wohl
fürs ganze das geringste Übel, aber doch bleibt auch dieses, ein unangenehmes verhaßtes und schamvolles Geschäft. Denn eben dafür wäre am Ende die
Kriegskommission zuständig – Goethes eigenes Geschäft müßte das dann sein. Nämlich die Bereitstellung von Rekruten.
Da man sich hiervon Zeitgewinn versprach und das Ganze in diplomatische Floskeln kleidete, wurde letzteres
entschieden und Goethe mußte notabene die Aushebungen anordnen  und bei einigen zugegen sein. (Siehe seine
Handzeichnung von 1779 ). Und so ist es wohl kein Zufall, daß er in seinem zur selben Zeit entstehenden Text
im antiken Gewand eine kriegerische Situation vorführt, die mit friedlichen Mitteln gelöst wird. In Weimar und
auf Tauris lebten die Menschen gleichermaßen in konfliktreichen Zeiten .
Goethe reagierte darauf: Er verfaßte ein Stück, das er später als "verteufelt human" bezeichnen sollte. Iphigenie, die,
selbstbewußt handelnd, den Konflikt zwischen den Griechen und den Taurern friedlich beendete, trage – so der Referent –
Züge der Prometheus-Figur an sich, denn sie opponiere wie dieser gegen jedwede Form von Fremdbestimmung. Sich gegen
eine solche zur Wehr zu setzen, schien auch Goethe, angesichts einer realen Kriegsgefahr für Weimar angemessen. Ohne auf
den Krieg in der Ukraine konkret einzugehen, erwies sich der Vortrag immer wieder als ein Beleg dafür, wie aktuell eine
Figur wie Iphigenie mit ihren von Goethe vorgestellten Friedensbemühungen sein kann.
Mai    Do, 11.5.                                                                                                              
Prof. Dr Jochen Golz (Weimar)                                                                                    
…ich vermißte jede Teilnahme, niemand verstand meine Sprache…  
                                                            Metamorphose der Pflanzen  
Goethes Lebenskrise nach seiner Rückkehr aus Italien
In mehrfacher Hinsicht haben Goethes Lebensjahre zwischen 1788 und 1794
krisenhaften Charakter. Zurückgekehrt aus einem glücklichen Dasein in Italien, findet er
sich konfrontiert mit den engen Verhältnissen im Fürstentum Sachsen-Weimar, mit einer
wenig inspirierenden intellektuellen Umgebung und alsbald mit den Folgen der
Revolution im Nachbarland, dem „schrecklichsten aller Ereignisse“ Am 14. Juli 1789
kommt es in Paris zum Sturm auf die Bastille; später wird dies Ereignis in der
Geschichtsschreibung als Beginn der französischen Revolution angesehen werden.
Sehr bald werden  die deutschen Fürstenhöfe von adligen Emigranten überschwemmt.   
Goethes Standpunkt ist unzweideutig: Er verurteilt die Revolution; aus einem gewaltsamen Umsturz könne nun
einmal nichts Gutes erwachsen. Es kommt zu heftigen Streitgesprächen mit seinen alten Freunden Herder und
Knebel. Die Vorgänge in Frankreich beschäftigen ihn außerordentlich, obwohl seine  grundsätzliche Einstellung von
vornherein feststeht. Im Römischen Karneval, geschrieben Anfang 1789 heißt es:  dass Freiheit und Gleichheit nur
in dem Taumel des Wahnsinns genossen werden können.
Der Fortgang der Revolution bestätigt seine Befürchtungen. Die Revolutionäre wollen
Unrealisierbares realisieren, sie fordern Gleichheit und Freiheit; doch Gesetzgeber oder
Revolutionärs, die Gleichsein und Freiheit zugleich versprechen, sind Phantasten oder
Charlatans. Die Radikalität der Revolutionäre stößt Goethe ab, Gewalt ist ihm seit jeher
widerwärtig. Von den angeblichen demokratischen Tendenzen der Revolution hält er auch
wenig. Er fürchtet die Herrschaft der Menge, die zum Regieren nicht geeignet sei und die
zwangsläufig zur Tyrannei weniger führen müsse. Die Zahmen Xenien bringen seine Skepsis
auf einen Nenner: Ich habe gar nichts gegen die Menge;/Doch kommt sie einmal ins
Gedränge/ So ruft sie, um den Teufel zu bannen/Gewiß die Schelme, die Tyrannen.  
Freilich ist Goethe nicht so beschaffen, daß er sich in ausweglose Verhältnisse gefügt hätte. Seine Maxime
„Gedenke zu leben“ hat ihn auch in dieser Zeit geleitet. Als Politiker wechselt er von der Real- in die
Kulturpolitik, er nimmt zahlreiche neue Ämter auf sich, als Autor zieht er eine künstlerische Bilanz aus
südlichen Erfahrungen, die bei seinen einstigen Weggefährten ein geteiltes Echo findet, als Beobachter des
Weltgeschehens versteht er die Französische Revolution als Signal an die deutschen Fürsten, Reformen
anzustreben. Im Eigentlichen aber erhält sein Künstlertum erst frische Impulse, als er in Friedrich Schiller
einem kongenialen Partner gewinnt. Im Vortrag werden diese spannungsreichen Jahre anhand von Goethes
Korrespondenz lebendig.  
Juni Do 15.6.-17.6.    Exkursion
Frankfurt a. M.: Besuch des Romantikmuseums
Jagsthausen/Theaterpremiere im Burghof
250 Jahre Götz von  Berlichingen
Die eine Woche vor Reiseantritt erfolgte Kündigung durch das Busunternehmen Hagemeier, mit dem im März vertraglich eine Rundreise (Bln,
Frankfurt, Jagsthausen, Weimar, Bln) vereinbart worden war und die nunmehr erforderliche kurzfristige Umdisponierung sowie die dadurch
entstandenen Probleme des Transportes hat unser Schatzmeister Udo Eisner, da ich erkältungsbedingt kurzfristig ausfiel, hervorragend gemanagt.  
Über eine steile Treppe mit blauen Fliesen, vorüber an einem blauen Eckfenster erreicht der Besucher wohl
eingestimmt das Romantik-Museum. Zu sehen sind Quellen wie Manuskripte  der Drucke von  Autoren wie
E.T.A. Hoffmann, die Brüder Grimm, die Brentanos u.a. Dazu kommen Lebenszeugnisse wie Portraits,
zeitgenössische Natur- und Landschaftsbilder oder Ansichten der verschiedenen Wohnorte. Große Plakate mit
langen Zitaten und Erläuterungen lenken den Besucher. Die Werke der Autoren laden zum Blättern ein, man
kann aber auch in Lesungen hinein hören. Anders als in anderen Literaturmuseen mit ihren Andenken wird hier
großer Wert auf die Erschließung und Zugänglichkeit der Texte gelegt, etwa durch zeitgenössische oder neuere, literaturwissenschaftliche Quellen.
Dabei hat man an ein großes Publikum gedacht, an den Kenner ebenso wie an Schüler und Studierende.
Für das benachbarte Goethehaus ist dies eine gute Ergänzung. Der Besuch des Romantik-
Museums und die Qualität der dortigen beiden Führer werden von den Mitgliedern der beiden
Gruppen unterschiedlich beurteilt. Sehr gelobt wurde der Führer der ersten Gruppe samt
seiner anschaulichen Schilderungen; wenig positive Resonanz fanden dagegen die
Anmerkungen der weiblichen Führerin; diese hätten sich auf Schüler-Niveau bewegt.  
                   Prof. Dr. Dieter Borchmeyer: Entstehungsgeschichte von Goethes Götz
Der Vortrag von Prof. Dr. Dieter Borchmeyer über die Entstehungsgeschichte des Götz v. Berlichingen am authentischen Ort:
im Gartensaal des Goethehauses am Hirschgraben wurde ebenfalls sehr unterschiedlich
aufgenommen. Nach Ansicht der Vorstandsmitglieder war der Vortrag vom Inhalt her
anspruchsvoll, allerdings enthielten die Ausführungen des Referenten zahlreiche
literaturwissenschaftliche  Details, die bei den Berliner GG-Mitgliedern, die bereits 600 km
Anreise und zwei Stunden Museumsführung hinter sich hatten, keine volle Aufmerksamkeit
mehr fanden. Zudem haftete der Referent sehr am Script, sodaß ein Teil des Auditoriums bei
zudem extrem schwülen Temperaturen  etwas Mühe hatte, die Augen offen zu halten.  
Dennoch möchten wir uns auf diesem Wege nachträglich herzlich bei ihm bedanken, daß er sich bereit fand, eigens von Heidelberg aus anzureisen,
um am authentischen Ort, dem Haus am Hirschgraben, an dem Goethe vor exakt 250 Jahren den Götz zu Papier brachte und anonym veröffentlichte,
die Berliner Goetheaner mit der unorthodoxen Entstehungsgeschichte dieses ersten Dramas des Dichters bekannt zu machen.
Danach bricht man sofort auf  nach Aschaffenburg, wo sich die Gruppe im dortigen Goldenen Ochsen bei angenehmen sommerlichen  Temperaturen
bis in den späten Abend im Hotel und auf Streifzügen durch die Fachwerk-geprägte Altstadt allmählich aufs Mittelalter einstimmen konnte.
Jagsthausen und Kloster Schöntal   
Am nächsten Morgen ging es an den eigentlichen Ort des Jubiläums-Geschehens, die Götzenburg samt Rotem Schloß, dieses wurde ungefähr im
Zeitraum von 1572 bis 1590 von einer Berlichingen-Nebenlinie errichtet, befindet sich auf dem Gelände des früheren Römerkastells Jagsthausen
und in unmittelbarer Nähe des Sitzes der Herren von Berlichingen, der Götzenburg. Es wurde zwischen 1572 und 1590 von Hans Reinhard von
Berlichingen erbaut.
Nach dem Essen dort wurden die Berlinerauch noch persönlich
von Frau v. Berlichingen durch das dortige kleine Museum
geführt wurde und konnten die originale eiserne Hand
besichtigen. Gezeigt wurden Urkunden und Manuskripte aus der
Zeit des historischen Götz sowie seine eiserne Hand, die ein
geschickter Nürnberger Uhrmacher für ihn gefertigt hatte und mit
der er kämpfen konnte. Für Interessierte  gab es auch Gelegenheit,
einige Räume des Schlosses der Familie von Berlichingen zu
besichtigen, die dort seit Jahrhunderten residiert.  
Sodann brach man auf ins benachbarte Kloster Schöntal, in dem einige Mitglieder untergebracht waren,  um Götzens Grablege im dortigen
Kreuzgang zu begutachten und ebendort das obligatorische Gruppenfoto aufzunehmen.
"Speciosa Vallis" schönes Tal, so nannten in der Mitte des 12. Jahrhunderts die Zisterziensermönche aus Maulbronn diesen idyllischen Ort an der
Jagst. Noch heute werden die Besucher mit den Worten begrüßt:"HOC AUSPICE"- Betrachte, bewundere dies. Das dortige Credo: Verbunden mit
dem Gestern, dem Heute und dem Morgen verknüpfen wir Geschichte und Tradition mit Gegenwart und Innovation und schaffen Raum und
Atmosphäre für Bildung, Begegnung und Besinnung.  
Die abendliche Inszenierung des Goetz v. Berlichingen im Hof der Götzenburg – Premiere zum 250. Jahrestag – war modern und auf Open Air
ausgelegt. Dies sprach – wie zu erwarten war – zwar nicht gleichermaßen alle Teilnehmer an. Die sehr  lebhafte Freilichtaufführung von Goethes
„Götz“ zeigte die  große Vitalität, die dieses Stück auch heute noch  hat.   
Dr. Ariane Ludwig     Do, 3.8.                                                                                                     
Es ist an der Zeit…
                      Goethes Mährchen
Goethes Mährchen- eine Reaktion  
auf die Französische Revolution
Johann Wolfgang von Goethes Mährchen, das er 1795 am Ende seiner Novellensammlung Unterhaltungen deutscher
Ausgewanderten in der von Friedrich Schiller herausgegebenen Zeitschrift die Horen veröffentlichte, steht im Zentrum des
Vortrags. Ich hoffe die 18 Figuren dieses Dramatis sollen, als soviel Rätzel, dem Rätzelliebenden willkommen seyn, schrieb
Goethe im September 1795 an Schiller. Vielschichtig und lebendig ist die Rezeptions- und Interpretationsgeschichte dieses
enigmatischen Textes, zu dessen buntem Personenreigen eine Schlange, zwei Irrlichter, ein Mann mit einer Lampe,
ein Prinz, eine Prinzessin, ein Riese und ein Mops gehören. Entstanden in der Umbruchs- und Krisenzeit der
Revolutionswirren, kann das Mährchen – auch in seinen heiteren Momenten und in seiner Inkommensurabilität –
gelesen werden als eine subtile Reaktion auf Gewalt, Instrumentalisierung, unsoziales Agieren und auf ein Handeln,
das, blind gegenüber Tradition, evolutionären Prozessen und historisch Gewachsenem,
Katastrophisches hervorbringt.
Frau Dr. Ludwig, Literaturwissenschaftlerin und Mitarbeiterin am Goethe-Schiller-Archiv in Weimar, führt aus,
Goethe zeige mit seinem Märchen in einer „revolutions- und kriegsbestimmten Zeit“, daß das „individuelle Glück und
Wohlergehen vom harmonischen Zusammenklang aller“ abhänge, denn – so die Referentin: „Privates und politisches
Glück erwachsen auch aus Ehrfurcht vor der Geschichte.“
Wiederholt verwies Ariane Ludwig auf den humorvollen, leichten Erzählstil Goethes als „notwendige Freiheit des Geistes gegenüber politischen
Problemen“. Indem jede Figur ihre speziellen Fähigkeiten einbringt, gelinge es, im „gegenseitigen Helfen Gewalt zu verhindern“.  
Damals an die deutschen Emigranten gerichtet, die vor der Gewalt in den französisch
besetzten linksrheinischen Gebieten geflohen waren, habe das Märchen „überzeitliche
Gültigkeit“. Mit Blick auf „die enormen Probleme unserer Gesellschaft“ heute sah sie in der
„freien und befreienden Heiterkeit des Textes ein Mittel gegen Gewalt“. Mit „Geduld, Ruhe
und genauem Hinsehen“ denke Goethe – so die Referentin – zusammen, was
auseinanderzufallen drohe.
August   28.8.             Goethes 274. Geburtstag
Der Einladung zu Goethes 274. Geburtstag am 28. August in der Großen Landesloge,zu einer gemeinsamen  Kaffee- und Kuchentafel                   
sowie einer anschließenden Lesung: Paul Sonderegger, begleitetet von Jule Rosner am Piano folgten 55 Mitglieder.
Herz, mein Herz, was soll das geben….?
Goethes fünf Jugendlieben in Dichtung und Wahrheit
                                   
Gretchen 1764              Kätchen  1766-68      Friederike  1770/1            Lotte   1772/3                    Lili 1775                         
Die Veranstaltung, vor allem die engagierte Lesung von Paul
Sonderegger, wurde von allen als sehr gelungen angesehen und das
Auditorium spendete großen Beifall. Im folgenden einige geglückte
Schnappschüsse, denn wir wissen ja nicht, ob wir alle miteinander im
nächsten Jahr wieder so gutgelaunt zusammenkommen.
September  Lesenachmittage. Ltg Dr. Monika  Estermann  7.9. Götz  9.9.  Iphigenie  und 11.9. Märchen
Die Lesenachmittage zum Jahresthema „Zäsuren und Umbrüche“ fanden trotz der großen Hitze
am 5.9., am 7.9. und am 11.9. wieder in Frau Schuberts Garten mit den schattenspendenden
Bäumen statt. In dieser friedlichen Umgebung wurden im Anschluß an den Vortrag von Albert
Meier im März Passagen aus „Götz von Berlichingen“ gelesen und diskutiert sowie in Anlehnung
an den von Uwe Hentschel im April über Goethes Iphigenie  gehaltenen Vortrag. aktuelle Fragen
erörtert. Nach Lesung der von Frau Dr. Estermann herausgesuchten Iphigenie-Passagen kam
man zu sprechen auf die die Rolle der Frau in Kriegszeiten. Frau Danckwerts, Jahrgang 1928, die
den 2. Weltkrieg noch als junge Frau miterlebt hatte, lenkte die Diskussion auf die heutige Zeit
und berichtete aus ihren Erfahrungen.  
Konnte bereits in den 40 er Jahren keine Rede mehr davon sein, daß Frauen das kriegerische Geschehen nur vom Heim und Herd aus erlebten, so
geriet das Gespräch thematisch alsbald in die Gegenwart, in der deutsche Politikerinnen sich für Lieferungen von Panzern und Flugabwehrraketen
an Drittstaaten einsetzen und  Personen weiblichen Geschlechts dreimal hintereinander das Verteidigungsministerium leiten. Natürlich stand
unausgesprochen alsbald wieder die Frage im Raum, wie unser Dichter sich zu diesen gegenwärtigen Phänomenen geäußert hätte: Vermutlich mit
dem von Manfred Osten so gern zitierten Briefstelle in seinem Schreiben vom November 1825 an den Grossneffen Georg Heinrich Nicolovius in
Berlin, in dem er klagt, das "Veloziferische" sei das "grösste Unheil unserer Zeit, die nichts reif werden lässt … und so immer von der Hand in den
Mund lebt".
Erstmalig im Buchhändlerkeller hatte am 12.7. unsere Wahl für die nächste Legislatur stattgefunden. Mit Ausnahme von Sibylle
Koeppen, unserer Schriftführerin , die 2021 vom Vorstand kooptiert worden war  und dankenswerter Weise dies Amt zwei
Jahre ausübte, kandidierten alle Vorstandsmitglieder erneut und wurden einstimmig gewählt. Desgleichen einstimmig wurde
der als neuer Schriftführer unser langjähriges Mitglied Gerhard Dietsch gewählt., Im Anschluß an die MV gab es noch eine
eindringliche Lesung mit Cora Chilcott, die großen Anklang fand:
… wer lebt, muß auf Wechsel gefaßt sein… . Gedankensplitter aus Schriften, Briefen und dem poetischen Werk Goethes-
                               Wilhelm Meiers Wanderjahre  
September  Do,   21.9.                                                                                                            
Prof. Dr. Georg Schmidt (Jena)  
Es lebe die Freiheit….!  
Goethes politisches Wollen und die Zeitenwende
War Goethe unpolitisch? Wie reagierte der Staatsmann und Dichter auf die Zeitenwende um 1800, die mit der
Französischen und der beginnenden Industriellen Revolution die Ständegesellschaft Alteuropas fortriß ?
Goethe – so der Referent  – versteht unter dem Begriff  Freiheit  die Pflicht, das Notwendige  und Vernünftige zu tun. Er
zitiert dazu Beispiele aus seinem Werk, etwa aus dem Götz, aus Dichtung & Wahrheit, und aus dem West-östlichen
Divan , in denen er verdeutlicht, daß es Goethe zum einen  darum geht, Freiheit zu etwas zu haben, etwa poltische
Teilhabe. Alsdann um die die negative Form von Freiheit, also die von Zwang und Nötigung jeglicher Art, doch vor allen Dingen um die innere
Freiheit, das eigensinnige Einfordern, die eigene Meinung, die man sich wohlüberlegt gebildet habe, mit aller Konsequenz beibehalten zu können
,komme, was das wolle. Martin Luthers: Hier stehe ich, ich  kann nicht anders.
Goethe wollte Regieren! Deswegen kam er 1775 auf Einladung des jungen Herzogs nach Weimar. Organisierte er zu
Beginn des zunächst noch nicht auf Dauer geplanten Weimarer Aufenthalts zunächst Streiche zum Genietreiben und
schätzte das Spiel mit den Musen, so setzte er sich später als Minister für
Lohnarbeiter ein, um ihnen zu einem selbständigen  Dasein zu verhelfen.
Doch der angestrebte Weimarer Musterstaat scheiterte immer wieder an der
kleinkarierten Wirklichkeit,  
So war Goethe  im ersten Weimarer Jahrzehnt als Landespolitiker nur mäßig
erfolgreich, als Kulturpolitiker machte er jedoch nach seiner Rückkehr aus
Italien bald Furore und in den 1790er Jahren aus dem fad gewordenen
Musenidyll Weim ar die richtungweisende Verbindung von Literatur und
Wissenschaften.  
Aus Sorge vor den Folgen der Französischen  Revolution, die in Frankreich eine neue Barbarei heraufbeschworen
hatte, planten Goethe und Schiller die Masse, den Pöbel, durch Schönheit zur Freiheit  zu erziehen. Mit Hilfe des
schönen Scheins sollten die in Rollen gespaltenen und sich selbst entfremdeten Menschen die Harmonie von Vernunft
und Gefühlen zurückgewinnen. Mit der Traditionen, Naturgesetze und Humanität mißachtenden Moderne, der
veloziferischen Dampfwalze, die Gegenwart und Vergangenheit in der bloßen Geschäftigkeit des „Immer-mehr“ und
„Immer-schneller“ verschlang, setzte er sich in  Wilhelm Meister und in Faust II auseinander. Das ist heute vielleicht
aktueller denn je.  
Der Minister, Napoleon-Verehrer und Gegner jeglicher Machtpolitik wurde später jedoch als unpolitisch etikettiert,
um ihn für die Kulturnation und den deutschen Geist vereinnahmen zu können. Die Zeugnisse seiner amtlichen Tätigkeit, seine autobiographischen
Einblicke und seine Dichtung zeigen hingegen einen eminent politischen Kopf, der die finale Krise Alteuropas und des Heiligen Römischen Reiches
durch angemessene Reformen ohne revolutionäres Chaos oder Tyrannei überwinden wollte. Immer wieder kritisierte er den Nationalismus sowie
das Veloziferische der Moderne. Mit dem schönen Schein wollte er das Publikum zum Wahren, Guten und Schönen bilden und so auf die
weltbürgerliche Freiheit vorbereiten. Die Hoffnung bleibt.
Oktober    Do,  12.10.  
Dr. Friedrich Dieckmann (Berlin)
Ihr müßt mich nicht durch Widerspruch verwirren!
Sobald man spricht, beginnt man schon zu irren
                                            Epigrammatisch: Spruch,Widerspruch
(1815)
Goethe  in der Zeitenwende/  Von den Schwierigkeiten politischer Dichtung in stürzender Zeit    
  
Der Referent, ein ausgewiesener, streitbarer Publizist und ‚Homme de lettres‘, der in der DDR und der Bundesrepublik immer
wieder kritisch zu den Problemen der Zeit Stellung genommen hat, stellt sich die Frage, ob Goethe ein politischer Dichter
gewesen sei? Die Antwort falle nicht leicht, so der Vortragende, einerseits sei er in die Zeitereignisse involviert gewesen, nahm
als Minister im Herzogtum eine gehobene Stellung ein, andererseits wollte er, der der (Natur-) Gesetzlichkeit einen zentralen
Rang einräumte, über den Parteiungen stehen.  
In dem autobiographischen Text Campagne in Frankreich (1822) schrieb Goethe
ausdrücklich, der Dichter müsse „seiner Natur nach unparteiisch sein und bleiben“. Doch
letztendlich vermochte Goethe diesen Anspruch selbst nicht in Gänze einzulösen, denn er
fand in Napoleon eine Persönlichkeit des politischen Lebens, zu der er sich nahezu über
sein ganzes Leben hinweg, uneingeschränkt bekannte, selbst in einer Zeit, als der
allgemeine Zeitgeist, vor allem der deutsche, nach 1806 sich vehement gegen den
mächtigen Korsen wandte.
Als Goethe 1814 vom Berliner Theaterdirektor August Wilhelm Iffland erfuhr, dass man von ihm ein Stück wünsche, das zu
Ehren der über Napoleon siegreichen Monarchen Preußens, Rußlands und Österreichs im Königlichen Schauspielhaus in Berlin aufgeführt werden
sollte,  geriet Goethe aufgrund seiner Haltung in Bedrängnis.
In großer Eile entstand ein aufwendiges und zugleich überaus hintergründiges Festspiel Des Epimenides Erwachen.  
Es handelte sich um eine aus der Antike genommene Geschichte von dem durch die
Götter in jahrelangen Schlaf versenkten Seher Epimenides, der, als er erwacht, eine
durchaus verwandelte Welt vorfindet. Wie der Referent herausarbeitete, war Goethe
selbst dieser Epimenides?  
Hatte er doch der patriotischen,  antinapoleonischen Bewegung, die das ganze
deutsche Volk ergriffen hatte, distanziert gegenüber gestanden; und nun – erwachend –
nahm er die Veränderungen zur Kenntnis, denen er sich bis hierher schlafend
entziehen konnte. Der Referent vergaß nicht auf die Aktualität dieser Vorgänge
hinzuweisen: „Die Geschichte mit allen ihren Weiterungen und Nachspielen wirft ein
Licht auf grundsätzliche Probleme im Verhältnis von Poesie und Zeitgeschichte; sie ist
lehrreich und unterhaltend zugleich.“
November    Do, 16.11.
Prof. Dr. Ernst Osterkamp (Berlin)                                                                               
Durch meine beinah absolute Einsamkeit [....]  
hatte ich mir den Namen des Eremiten verdient
                                      Aufklärende Bemerkungen 1827
Goethes produktiver Widerstand  
gegen die Zumutungen des Zeitgeistes
Der Referent erarbeitet im freien Vortrag drei wichtige Begriffe, die er in der Folge aufeinander bezog: Zeitgeist, Einsamkeit
und Widerstand. Zeitgeist ist ein Begriff, der in unserem heutigen Verständnis erst im Zuge der Französischen Revolution
entstand. In dem Aufsatz Homer noch einmal, der 1827 in Kunst und Alterthum erschien, heißt es bei Goethe: „Es gibt unter
den Menschen gar vielerlei Widerstreit, welcher aus den verschiedenen, einander entgegengesetzten, nicht auszugleichenden
Denk- und  Sinnesweisen  sich  immer  auf?s  neue  entwickelt.  Wenn  Eine  Seite  nun  besonders  hervortritt,  sich  der  Menge
bemächtigt und in dem Grade triumphirt, daß die entgegengesetzte sich in die Enge zurückziehen und für den Augenblick im
Stillen verbergen muß, so nennt man jenes Übergewicht den Zeitgeist, der denn auch eine Zeitlang sein Wesen treibt.“  
Goethe war daran gelegen, sich von diesen parteiischen Stimmungen zu distanzieren; für ihn waren allein die Gesetze der
Natur bindend, denen er nachsann; deshalb war es für ihn immens wichtig, sich diesen Zumutungen durch die Öffentlichkeit
zu entziehen. Er suchte den refugialen Raum, den er in Weimar fand. Die ‚produktive Einsamkeit‘, die ihm hier gewährt wurde, bildete die
Voraussetzung für einen Schaffensprozeß, mit dem er sich den „Zumutungen des Zeitgeistes“ zu entziehen vermochte.  
Das ist gleichsam der Widerstand, den er aufbringen mußte, um sein Werk frei zu halten von partei- oder zeitbezogenen Unzulänglichkeiten. Goethe
hat diesen Rückzug in die Einsamkeit des Alters als eine Lebensphase der Freiheit begriffen. Dazu gehört auch die Fähigkeit, die Existenz des
Publikums im Schaffensprozeß auszublenden; dies wurde zu einer produktionsästhetisch wichtigen Strategie der Freiheitsbewahrung gegenüber den
Ansprüchen der Öffentlichkeit. Sie mündet in dem Entschluß, den Faust II zunächst einsiegeln  zu lassen und erst der Nachwelt zu überantworten.                                                                               
Dezember     Do, 7.12.                                                                                                                   
Dr. Manfred Osten (Bonn)     ?
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle - und zurück?   
Faust – Vorspiel auf dem Theater
Goethes Faust- die versiegelte Tragödie der Zeitenwende
Eben hier setzt Manfred Ostens Vortrag ein, der allerletzte nach 47 Jahren im Buchhändlerkeller in der
Carmerstr. 1, unter dessen Dach wir in diesem Jahr zu Gast waren. „Verwirrende Lehre zu verwirrtem Handel
waltet über die Welt…“ mit dieser Bilanz der Moderne hatte Goethe 1830 den 2.Teil des Faust versiegelt, der
vor allem im 5.Akt gelesen werden könne als das Endspiel der Tragödie einer Zeitenwende im Zeichen dessen,
was Goethe als „alles veloziferisch“ bezeichnet hat: die Verschränkung von Luzifer und der Geschwindigkeit.  
Der Vortrag konzentriert sich auf Goethes konkretes Verständnis dessen, was er als im Gang der Handlung der Faust-Tragödie definiert hatte Vom  
Himmel durch die Welt zur Hölle. Gezeigt wird hierbei, daß Goethes Theaterteufel das Jahrhunderterbe des Christentums liquidiert, indem er die
christliche Trinität – Gottvater, Sohn und Heiliger Geist – als Begründung für die Himmelfahrt metaphorisch  transformiert in die fatale
mephistophelische Trinität seiner drei Prinzipien, die für Goethe den Weg der Moderne kennzeichnen. Seine metaphorische Spiegelung dieser drei
Prinzipien erläutert der Referent., indem er das Prinzip GRATIS, das Prinzip SOFORT und das Prinzip ULTRA deutet als das Höllenfahr-Kompendium
der Krisen der Moderne.  
So sei das Prinzip GRATIS in der Folge der Französischen Revolution entstanden; indem nun allenthalben
Freiheit und Gleichheit propagiert wurden, habe es nur noch Forderungen gegeben; als Beispiel führt er
Goethe Gedicht Egalité an: Das Größte will man nicht erreichen; man beneidet nur seinesgleichen, der
schlimmste Neidhardt ist in der Welt, der jeden für seinesgleichen hält. In der Kaiserpfalz-Szene
thematisiert Goethe bereits die Geldschöpfung ohne Wertschöpfung durch Mephisto, eine Virtualisierung
des Geldes, die in ihrer extremen Form den modernen Finanzmärkten entspricht, wo Maschinen
Geldflüsse in Sekundenbruchteilen steuern.Dies kommt in den Worten des Marschalls zum Ausdruck:
Welch Unheil muss auch ich erfahren. Wir wollen alle Tage sparen und brauchen alle Tage mehr…“  
All dies sind im Grunde genommen nicht nur ökonomische, sondern auch neuropathologische Entwicklungen. Deren zu
Gefahren gestaltet Goethe im Faust II. Nachdem alle vermeintlich reich geworden sind, gilt es, sich vor allem nur noch
zu amüsieren und auch dies scheint Goethe vorauszuahnen. Was wir heute auf der Leinwand, in den Fernsehbildern und
auf den Smartphones erleben, ist die ungeheure Brutalität, die allgegenwärtige sex and crime-Thematisierung einer Spaß-
und Amüsier-Gesellschaft im digitalen Jahrhundert. Auch der vorgespiegelte Raub der Helena durch Paris illustriert
dieses Geschehen. Faust hält das, was er wahrnimmt, für die Realität; er versucht, Paris zu verprügeln, um Helena zu
befreien. Es mißlingt, er sinkt bewußtlos zu Boden.
Heute kommt eine ungeheure Beschleunigung in der Kommunikation hinzu. Das Prinzip SOFORT
führt zu einer totalen Überforderung des Menschen;  jegliche Empathie geht dabei verloren. So gilt für
die Moderne, worüber schon Goethe in seinem Brief an den Freund Zelter urteilte: Alles ist jetzt ultra.
– Keiner kennt sich mehr. Damit wird ebenfalls ein Prozeß der Selbstentfremdung eingeleitet. Goethe
ahnt, daß der Mensch diesen Überforderungen nicht standhalten wird.  
Schließlich das Prinzip ULTRA, die Maßlosigkeit in allem und die heutzutage ubiquitäre Aufforderung „Du mußt begehren !
Goethe sieht – so Osten – im 5. Akt des Faust II die irreversiblen Folgen durch die ungehemmte Ausbeutung fossiler Brennstoffe
voraus.  
Doch all dies hat seinen Preis: „Tags umsonst die Knechte lärmten, Hack und Schaufel, Schlag um
Schlag; Wo die Flämmchen nächtig schwärmten, Stand ein Damm den andern Tag. Menschenopfer
mußten bluten, Nachts erscholl des Jammers Qual; Meerab flossen Feuergluten, morgens war es ein
Kanal.“  
Biotope trocken zu legen, bringe Unheil, wie auch die Eingriffe in die Ozeane oder die von Faust im
5. Akt angestrebte gigantische Landgewinnung. Vormals wurde ein Viertel des Kohlendioxids vom
Meer aufgenommen, doch die Meere versauern zusehends und dies sei irreversibel.
So sieht der Referent Goethe als Vordenker der Klima-Katastrophe in Gestalt der von Mephistopheles
prognostizierten Rachefeldzüge der Elemente, deren Gewalt wir in der Gegenwart erleben.
Doch wo ist die Rettung, gibt es Therapiehinweise des Faust-Dichters, dieser Zeitenwende zu entkommen?  Manfred
Osten meint, daß Goethe uns auch hier einen wichtigen, wenn auch verborgenen Fingerzeug gibt, nämlich in Gestalt des
Türmers Lynkeus. Und seinem Lied:  
Zum Sehen geboren,/Zum Schauen bestellt,/Dem Turme geschworen,/Gefällt mir die Welt.
Ich blick' in die Ferne,/Ich seh' in der Näh'/Den Mond und die Sterne,/Den Wald und das Reh.
So seh' ich in allen/Die ewige Zier,/Und wie mir's gefallen,/Gefall' ich auch mir.
Ihr glücklichen Augen,/Was je ihr gesehn,/Es sei, wie es wolle,/Es war doch so schön!
Dieser zeigt Möglichkeiten auf, wie man glücklich leben kann, indem man ein Leben in Achtsamkeit und in der
Anschauung führt. Nur durch das genaue Anschauen der Natur könne die Übereinstimmung des Menschen mit ihr
erreicht werden. Dies laufe auf Entschleunigung hinaus und es liege in unserer Hand, uns so sehr wie möglich allen
Überforderungen zu entziehen. Doch erst der nach innen gewendete Blick schaffe wahres, unveräußerliches Eigentum.
Zum Abschluß zitiert Manfred Osten Goethes Gedicht Eigentum:  
Ich weiß, dass mir nichts angehört./Als der Gedanke der ungestört/ Aus meiner Seele will fließen / /
und jeder günstige Augenblick, den mich ein liebendes Geschick von Grunde aus läßt geniessen. …“  
In diesem Sinne auf ein gutes Neues Jahr 2024, in dessen erster Hälfte wir uns dem jungen Goethe, dem Werther, der Liebe und der Natur widmen werden.